Theory of a Deadman „The Truth is…“ / VÖ 22.07.2011


 

 

Platte einlegen, zurücklehnen und genießen. Für das neue Theory of a Deadman Album können wir schon mal mit gängigen Konventionen brechen und das potentielle Resümee direkt an den Anfang stellen. Die Kanadier machen nämlich wieder einmal fast alles richtig und fahnden mit ihrem vierten Longplayer nach weiteren Anhängern.

Was in Nordamerika schon sehr gut funktioniert (Airplay in allen relevanten Rock-Stationen, mittelgroße Hallen), soll – und wird! – auch in Europa langsam aber sicher Realität werden. Dafür haben die drei Kanadier zwölf neue Songs komponiert, die zwar unbestritten nach Übersee-Radiorock klingen, aber glücklicherweise nicht die Gesichtslosigkeit vieler Konkurrenten aufweisen. „The Truth is…“ besteht in erster Linie aus Post-Grunge und Alternative Rock, lässt aber auch das eine oder andere härtere Riff nicht durch den Hit-Tüv fallen. Der gedrosselte Midtempo-Rock von „Love is Hell“ etwa wird von einem breitbeinigen Riff eröffnet, während „Drag me to Hell“ ganz unverblümt auch mal in Richtung Metal schielt und dabei weder Druck noch Groove vermissen lässt. Natürlich springt der Funke auch bei den stimmungsvollen Nummern und den Balladen über: „Hurricane“ hat ein paar Streicher und damit einen epischen Unterton spendiert bekommen, während „What was I thinking“ grob gesagt in eine ähnliche Richtung wie „Not meant to be“ vom Vorgänger „Scars & Souvenirs“ geht, und dabei lyrisch gekonnt die Makel im vermeintlich perfekten Rockstarleben portraitiert. Für solche und ähnliche Geschichten lieben die Fans Theory of a Deadman und besonders Frontmann Tyler Connolly, der auch diesmal nicht nur stimmlich in guter Form ist (nicht spektakulär, aber markant und authentisch), sondern auch abermals unterstreicht, dass er zu den unterschätztesten Textern im massentauglichen Rock gehört. Keine Frage: Das Geschichten aus dem Leben erzählen hat der Mann einfach drauf, und auch sein teils ironisch-humoristischer Unterton macht Laune („Bitch came back“). Im Optimalfall kommt alles zusammen und gipfelt in unverschämten Ohrwürmern wie dem auch mit Gewalt nicht abzuschüttelnden „Lowlife“ oder dem zotigen, von einer Ukulele (Eddie Vedder anyone?) gestarteten Schunkler von einem Titeltrack.

Ich kann schon jetzt garantieren, dass mich diese Scheibe wieder für Wochen und Monate nicht mehr los lassen wird – was bei überaus eingängigem Rock für ein unbestritten breites Publikum nicht unbedingt an der Tagesordnung ist. Theory of a Deadman sind aber einfach eine dieser Bands, bei denen man unweigerlich dem Stockholm Syndrom verfällt und sich nur zu gern gefangen nehmen lässt. Tendenz: Das Rockalbum des Sommers! Vielleicht sogar der kompletten zweiten Jahreshälfte.

 

Markus Ruttenwww.sounds2move.de