The Murder of my Sweet „Divanity“ / VÖ 29.01.2010



 

Manchmal sollte man sich von der Fassade nicht blenden lassen. Schaut man sich die aktuellen Portraits der vier Jungs von The Murder of my Sweet auf der Website der Band an, würde man sie eher in der Jury von „Germany’s Next Top Model“ denn in einer Metalband vermuten. Sängerin und Aushängeschild Angelica Rylin könnte man auf den ersten Blick ebenfalls in der künstlichen Laufstegsscheinwelt oder aber in Juckelfilmchen für Erwachsene vermuten, in denen ausschließlich in Form von Vokalen kommuniziert wird. Doch wie so oft im Leben: Der Schein trügt.

 

Denn ungeachtet der Tatsache, dass solche Bandfotos in eine H&M Werbung, aber nicht ins Portfolio (woher kenne ich eigentlich solche Wörter?!) einer Rockband gehören, ist „Divanity“ eine überaus positive Überraschung. Was die Symphonic Metaller in Form ihres Erstlings hier vorlegen ist nämlich für ein Debüt bereits überraschend reif und ausgeklügelt. Und auch dem Stimmchen der Frontdame würde meine böswillige Unterstellung von weiter oben keineswegs gerecht, denn das Mädel muss sich mit seiner Stimme wirklich nicht verstecken. Zwar knallen The Murder of my Sweet (benannt nach einem alten Schwarz-Weiß-Film von 1944) den Hörern die volle Breitseite an Orchestrierung und Bombast um die Lauscher, aber Fräulein Rylin lässt sich von dieser Welle keineswegs überrollen, sondern ist durchweg im Stande, gegenzuhalten. Ähnliche stimmliche Qualitäten und ein vergleichbarer Hang zur Theatralik bescheren seit ein paar Jahren etwa den Kölnern Krypteria einen Charterfolg nach dem nächsten und jene Band ist auch genau die richtige Referenz, die es braucht, um The Murder of my Sweet recht passen zu kategorisieren.

 

Ist man Realist, dann muss man diagnostizieren, dass in diesem Genre eigentlich schon so ziemlich alles gesagt wurde. Trotzdem hat der Ikea-Fünfer mit diesem Album und einer ganzen Stange guter Songs, die immer noch die beste Referenz sind, eine reale Chance für erhöhte Aufmerksamkeit zu sorgen. Sollte man es schaffen jetzt noch auf eine viel versprechende Tour aufspringen und im Sommer möglichst viele Festivals mitnehmen zu können, wird man gegen Jahresende vielleicht von einem der Aufsteiger des Jahres im Female Fronted-Bereich sprechen. Mit „Divanity“ wurde dafür schon mal ein verlässliches Fundament gegossen.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de / 24.01.2010