The Haunted “Versus” / VÖ 19.09.2008

 

 

 

Die Schweden von The Haunted hatten sich ja auf den letzten beiden Werken “The Dead Eye“ und “Revolver“ von den reinen Thrash- und Death Metal-Wurzeln gelöst und vermehrt moderne Elemente in ihren Sound eingearbeitet, ohne jedoch an Härte zu verlieren. Dass die Björler-Brüder, welche ja von den legendären At The Gates wohlbekannt sein dürften, sich nicht ewig an “Slaughter Of The Souls“ orientieren würden war so klar wie die Tatsache, dass Metallica demnächst mit “Death Magnetic“ kein zweites “Ride The Lightning“ präsentieren werden.

 

“Versus“ nennt sich nun das neue Opus. Eröffnet wird das Inferno von “Moronic Colossus“, welches uns mit fetter Produktion, schwerem Riffing, drückenden Drums und pumpender Gitarrenabteilung ordentlich das nette Angesicht poliert. Der Chorus gefällt mir sehr; auch Metalcorler dürften sich angesprochen fühlen, doch das stört nicht, wir haben hier keinen 0815-Core-Verschnitt, sondern die Takt-/Trendsetter höchstselbst treten in Aktion: treffend platziert sind die Leads, das Songwriting marschiert auf hohem Niveau. „Pieces“ enthält einen klar gesungenen geilen Refrain, das Slayer-Break überrascht, denn das geniale “South Of Heaven“-Lick wird seltener zitiert als die Frühphase jener Vorbilder. “Little Cage“ drischt um sich, holzen konnten die Björlers ja schon immer, die Wall of Death ist nahe. “Trenches“ sägt und säbelt abwechslungsreich, wir hören Tue Madsens Handschrift, welcher ja zuletzt auch mit Dark Tranquillity zusammenarbeitete. Das düstere Akustikbreak und das beinahe an neuere In Flames gemahnende Finale zeigen die Affinität von The Haunted zu moderneren Klängen. “Ceremony“ enthält einen groovenden Refrain zu variablem Shouting; während des mit Tom Waits-artigen Vocals geil eingesungenen “Skuld“ kann Peter Dolving sich bzw. seine Stimmbänder zunächst erholen, nach dem harten, treibend-riffenden Speedsong “Crusher“ muss Peter Dolving eigentlich erst mal unters Sauerstoffzelt. “Rivers Run“ zeigt, dass Dolving mehr und mehr Gefallen daran findet, ähnlich wie Tom Waits zu singen, zudem finden sich durchaus alternativ zu nennende Stilelemente in diesem Track.

 

Das Albumhighlight “Iron Mask“ ist ein bedrohliches Songmonster, welches vom fetten Hooks und dem verzweifelten Gesang unseres Chamäleons Dolving lebt; auch Tom Waits hat erneut einen kurzen Gastauftritt. “Faultline“ ist eine typisch knüppelnde Wall Of Death-Sense, ”Imperial Death March“ ein weiterer Höhepunkt der CD:  derb, laut, aggressiv steigert sich das Finale in eine bedrohlich-düstere Atmosphäre; der imperiale Todesmarsch lässt den Geknechteten keinen Ausweg. Diese Richtung liegt mir sonst nicht so, hier jedoch haben wir sozusagen die Gründer des Genres und wegen der kleinen Spielereien, der Experimente am Rande und des variablen Instrumentalbereichs wie auch der ausdrucksstarken Vocals von Peter Dolving kann dieses brachiale, technische, bisweilen etwas progressiv anmutende Album wirklich überzeugen. Selbst der manchmal klinische Sound ist eher schmückendes Beiwerk.

 

M.E. – www.sounds2move.de / 02.09.2008