The Gathering „Disclosure“ / VÖ 07.09.2012

 

 

 

The Gathering werden es sicher nicht leicht haben, ihr neues Werk „Disclosure“ an den Mann zu bringen. Zu exponiert war die Stellung der inzwischen ausgestiegenen Sängerin Anneke van Giersbergen, zu sehr prägte sie das Erscheinungsbild der Band durch ihre Stimme, ihre Melodien und ihr Auftreten. Dementsprechend knüpften wohl nicht wenige Fans ihre Liebe zur Gruppe an die zu deren Sängerin.

So großartig van Giersbergens Leistung indes auch war: „Disclosure“ beweist, dass man das Verhalten jener The Gathering-Anhänger, deren Interesse an der Band mit Anneke abgewandert ist und die an dem Wirken der Holländer seither kein gutes Haar mehr lassen, nicht anders bezeichnen kann als Verbohrtheit. Nachdem man mit dem eher flotten Opener „Paper Waves“ und der ersten Hälfte von „Meltdown“ modern-rockig, aber dabei durchaus nett eingestiegen ist, entfaltet die Band im weiteren Verlaufe des Albums nämlich eine wunderbare Klangfläche, die eigentlich jeden, der die jüngeren Werke mit Anneke mochte, beglücken sollte.

Im Rahmen teils wieder deutlich längerer Songs konstruieren The Gathering einmal mehr eine in sich kohärente, ergreifende Welt der Töne, in denen sich die einzelnen Instrumente jederzeit dem Gesamten unterordnen, sich, verbunden mit sanften elektronischen Elementen, geradezu in einer atmosphärisch dichten Klangwolke aufzulösen scheinen. So fühlt man sich, genießt man diese Platte in der richtigen Stimmung, gerade so, als sehe man sich ein Theaterstück unter freiem Himmel an, das am frühen Morgen inmitten des dichtesten, schwersten Herbstnebels aufgeführt wird. Während man sich den klammen Mantel enger um die Schultern zieht, begreift man dabei aber, dass der Zauber dieses Moments gerade daher rührt, dass man dort vorne lediglich die Silhouetten der sich verausgabenden Schauspieler wahrnimmt. Und so vergeht die Zeit bis zu jenem Punkt, an dem sich beim finalen „Gemini II“ dann doch noch eine blasse Sonne ihren Weg durch den Dunst bricht, durchaus schnell.

Abschließend gilt es noch, der neuen Darstellerin des Ensembles, Frau Silje Wergeland, zu ihrer Leistung zu gratulieren. Dass sie sich, angesichts der großen Fußstapfen, die sie auszufüllen hat, am Stil ihrer Vorgängerin orientiert, ist nicht nur verständlich sondern auch in Hinblick auf die beabsichtigte Wirkung sicher keineswegs die falsche Entscheidung. Und auch wenn sie sich damit womöglich der Gefahr aussetzt, für immer „die Neue“ zu bleiben: Sie meistert ihre Rolle mit Bravour. Und jene, die ihr eine Chance geben, werden feststellen, dass sie durchaus eine eigene Note in ihre Darbietung einbringt.

Florian Gothe - www.sounds2move.de