The Cranberries „Roses“ / VÖ 24.02.2012

 

 

 

Fanbrille hin oder her: The Cranberries haben irgendwie gefehlt in den Jahren ihrer Abwesenheit. 2003 hatte man sich aufgelöst, 2009 reformiert, doch erst jetzt kommt mit „Roses“ ein neues Album in die Läden – nicht weniger als elf Jahre nach „Wake up and smell the Coffee“. Dass man (rechnet man die 2002er Best-of Scheibe „Stars“ mit ein) bis dahin weltweit 38 (!) Millionen Tonträger abgesetzt hat, verschafft ein ungefähres Bild vom Status, den die Cranberries innehatten, bevor man sich aus privaten Gründen (Dolores O Riordans Schwiegermutter war unheilbar erkrankt und ist kurz darauf verstorben) zwischenzeitlich auflöste. Die weltweit ausverkaufte Reunion-Tour 2009 unterstreicht somit noch einmal, dass der Vierer nach wie vor seinen Platz im Herzen der Fans hat, die geduldig auf ihre Lieblinge gewartet haben.

Genau genommen hätte man „Roses“ gar nicht machen brauchen, allein die Tantiemen für den Backkatalog hätten finanziell für ein beruhigendes Polster gesorgt. Trotzdem sind die Iren jetzt zurück, nicht aus Geldmangel, Langeweile oder sonstigen fadenscheinigen Gründen, sondern einfach aus Lust am gemeinsamen Musizieren. Diese Sicherheit und Unbeschwertheit hört man „Roses“ an. Wer „Wake up…“ und die beiden Soloscheiben von Frontfrau Dolores O Riordan kennt, wird sich auch auf diesem Album sofort zurechtfinden. Zehn Jahre Studiopause… hören tut man das nicht wirklich, denn das Quartett macht da weiter, wo es vor dem Hiatus aufgehört hat. Das gesamte Album atmet das ureigene Cranberries-Flair, hin und wieder fröhlich beschwingt, oft nachdenklich und melancholisch. Diesbezüglich fällt der Titeltrack noch einmal besonders ruhig und zurückhaltend aus. Wobei auch „So good“ und „Waiting in Walthamstow“ mehr etwas für die ruhigen Momente sind, wie ein Großteil dieses Albums. Insofern freut man sich über die erste Auskopplung „Tomorrow“, einen flotten, fröhlich tänzelnden Ohrwurm, der sich erst beim zweiten oder dritten Hören als solcher zu Erkennen gibt, dann aber nur schwer wieder aus dem Ohr zu bekommen ist. Derlei Stoff würden die Fans sicher gern noch öfter hören, das Steckenpferd der Iren ist und bleibt aber unangetastet die träumerische, atmosphärische Grauzone zwischen Rock und anspruchsvollem Pop, die auch auf „Roses“ klar den Ton angibt. Mit heftigen Ausbrüchen wie auf „No need to argue“ („Zombie“, „Ridiculous Thoughts“) und „To the faithful departed“ (“Hollywood”, „Salvation“) hatte sowieso niemand gerechnet. Von daher wird auch niemand enttäuscht sein, Songs dieser Coleur (natürlich) nicht zu finden. Viel mehr liefern die Cranberries ihrer Zielgruppe ein ehrliches, natürliches Album, das aus dem Spaß an der Sache entstand und alle Trademarks aufweist, die es schon vor der Bandpause gab. Vermutlich reicht das allein nicht zum neuen Klassiker, aber sehr wohl für eine versöhnliche Scheibe, welche die Fans nach der langen Abwesenheit absolut zufrieden stellen wird. Dolores und Co. haben wieder Feuer gefangen und noch immer etwas zu sagen, allein dafür und für die Rückkehr einer der bemerkenswertesten Stimmen im internationalen Rockzirkus erhält „Roses“ seine Daseinsberechtigung.

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de