The Bunny The Bear "A Liar wrote this" / VÖ 24.07.2015

 

 

 

Ein elementarer Einschnitt? Wohl eher nicht. Dafür hätten The Bunny The Bear zuvor ja überhaupt erst mal eine klar definierte Identität und eine sachlich belegte musikalische Agenda haben müssen. Deshalb kann man auf den ersten Blick nur eines konstatieren, nämlich die harten Fakten: Chris "The Bear" Hutka hat sich aus dem anarchischen Duo verabschiedet und wird durch eine weibliche Nachfolgerin ersetzt, nämlich Haley Roback.

 

Folgt daraus die musikalische Revolution, oder bringt der gemeinhin als beruhigend und ordnend geltende Einfluss einer Frau die ultimative Erkenntnis für The Bunny The Bear und ihre Musik? Zumindest einmal bildet ihr sehr ordentlicher Klargesang einen willkommenen Kontrastpunkt zu den bisweilen hysterischen Screams ("Curtain Call", "Sleep Sequence") von Bandboss Matthew "The Bunny" Tybor. Aber in der Tat scheint die neue Bärin einen Einfluss auf "A Liar wrote this" gehabt zu haben, denn statt tranciger Krachausbrüche ist diesmal mit "Empty Hands" sogar eine waschechte Ballade auf dem Album zu finden. Eigentlich sogar zwei, wobei "It's not always cold in Buffalo" im Grunde nicht neu ist, handelt es sich doch um eine Neuaufnahme eines Songs vom 2013er Langspieler "Stories", der als Duett mit Haley tatsächlich noch poppiger ausfällt als die Originalversion. Womit wir zu bereits erwähntem möglichem Einfluss kommen: Ob die allgemeine Entwicklung tatsächlich an seiner neuen Partnerin festzumachen ist, sei dahingestellt, denn seit jeher ist Matt Tybor allein für Musik und Texte zuständig, während sich die Belegschaft in regelmäßigen Abständen ändert. Fakt ist, dass "A Liar wrote this" das bisher eingängigste Album von The Bunny The Bear geworden ist und dass man mehr Hooklines und weniger Anarchie darauf findet als noch vor ein paar Jahren. Diese Entwicklung zeichnete sich allerdings schon etwas länger ab, denn auch "Foodchain" hatte sich im letzten Jahr durchaus das Prädikat "hörbar" verdient. Was zweifelsfrei ebenfalls auffällt ist, dass die einst so prägnanten Synthies und (Trance-)Beats auf dem sechsten Album auf ein absolutes Minimum reduziert wurden und man die Songs stattdessen auf ein Metal/Rock-Fundament stellt. Man könnte auch sagen, dass es einen klar erkennbaren Lerneffekt gibt, der Fans der schwer erträglichen ersten Alben vielleicht missfällt, für die Band selbst aber durchaus wichtig ist, denn somit könnten nun auch Hörerschichten Gefallen an TBTB finden, die noch vor wenigen Jahren vermutlich schreiend aus der Halle gerannt wären.

 

In gewisser Weise scheint man sich also selbst gezähmt zu haben. Bleibt abzuwarten, ob dieser Zustand von Dauer sein wird oder ob man vielleicht schon mit der nächsten Scheibe zu alter (Un)Tugend zurückkehren wird. Mit einem kann man sich jedenfalls sicher sein, nämlich dass bei The Bunny The Bear so ziemlich genau gar nichts vorhersehbar ist.

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de