The Agonist „Lullabies for a dormant mind“ / VÖ 20.02.2009

 

 

Wenn man Female Fronted Metal im weitesten Sinne als Genre durchgehen lassen will, dann sind The Agonist so etwas wie die Freistilschwimmer der Szene. Die vier KanadierInnen machen nämlich ihr eigenes Ding und versuchen gar nicht erst, sich konkret an eine andere Truppe anzulehnen.

 

Dabei möchte ich nicht einmal sagen, dass The Agonist weder Fleisch noch Fisch sind. Denn dies ist in meinen Augen eine zu negative behaftete Beschreibung. Immerhin ist es nicht so, dass das Kleeblatt völlig wirr und ohne jede Einstiegsmöglichkeit quer durchs metallische Unterholz pflügen würde. Natürlich wirkt das Gebräu aus modernem Melodic Death, eingängigen bis epischen Refrains („Martyr Art“) und sogar dezent eingewobenen Nuancen aus dem Grind Sektor anfangs relativ wenig nachvollziehbar und sperrig, nach einer gewissen Eingewöhnungsphase jedoch auch durchaus interessant und spannend. Dabei ist es vor allem Alissa White-Gluz, die mit ihrer Stimmbandakrobatik den Ton angibt. Die in Sachen Haarfarbe mittlerweile von blau zu lila gewechselte Dame hat nämlich durchaus Talent und von kehligen Grunts, über Sirenengesang (zwischendurch kommt man auf die ungewöhnliche Idee Tschaikowskis „Schwanensee“ darzubieten) bis hin zu überfahrene Katze so ziemlich jede Tonlage drauf und kann sich ungeachtet dessen auch in normalen Gesangsregionen durchaus gut in Szene setzen. Zwar setzen die drei Jungs an den Instrumenten etwa bei „Chlorpromazine“ mit seinen jazzigen Einschüben durchaus Akzente, doch würden diese Ansätze wohlmöglich ohne Zuhilfenahme des Gesangs ziemlich blass bleiben.

 

Mit ihrem vielleicht etwas kruden, auf jeden Fall aber außergewöhnlichen Stilmix gelingt es The Agonist zweifellos sich von den meisten anderen Bands mit Frontfrau abzuheben, auch wenn das Ganze auf Kosten des Hitfaktors geht. Sicherlich ist es nicht dumm sich erst einmal abzuheben, um nicht in der grauen Masse zu verschwinden. Trotzdem dürfte es für meinen subjektiven Geschmack durchaus etwas geradliniger und homogener zur Sache geben, denn ich bin mir ziemlich sicher, dass The Agonist den gebotenen Lärmpegel nicht unbedingt nötig hätten. Aber man ist ja noch jung, kann alles noch werden. Interessenten sollten aber definitiv vor dem Kauf ein Ohr riskieren und sich selbst ein Bild machen.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de / 24.02.2009