The Agonist "Eye of Providence" / VÖ 20.02.2015

 

 

 

Obwohl es bei The Agonist gar nicht mal schlecht lief und sich die Kanadier einen soliden Ruf als Geheimtipp erspielt haben, konnte Ex-Frontfrau Alissa White-Gluz nicht anders, als für den frei werdenden Platz von Angela Gossow bei Arch Enemy ihren Hut in den Ring zu werfen. Am Ende bekam die charismatische Kanadierin mit der markanten Frisur die Stelle, und ihre nunmehr Ex-Kollegen mussten umdisponieren und neu besetzen. Somit steht auf „Eye of Providence“ erstmals Vicky Psarakis am Mikrofon, deren Name zwar griechisch klingt, die allerdings aus den benachbarten USA stammt.

 

Trotz neuer Frontlady haben The Agonist an ihrer grundsätzlichen Ausrichtung wenig verändert. Noch immer klingt man modern, hart und ist um Abwechslung bemüht. Auch deshalb hat Psarakis wohl den Zuschlag bekommen, denn sie kann nicht nur shouten, sondern bewegt sich auch beim Klargesang sicher. Als die ganz große Überstimme präsentiert sich die Neue zwar (noch?) nicht, und ob sie an das Charisma ihrer Vorgängerin heran ragt müssen vor allem die Konzerte zeigen, aber Band und Sängerin passen zweifelsfrei zusammen. Nichts wirkt fehl am Platz, und "Eye of the Providence" klingt als solches durchaus stimmig. Ein anderes, viel schwerwiegenderes Problem haben die Nordamerikaner trotz Neubesetzung noch immer nicht aus der Welt schaffen können: nämlich das Vernachlässigen von wirklich großen Momenten. So lässt "Eye of Providence", genauso wie sein Vorgänger "Prisoners", einen klassischen Hit als Aufhänger vermissen ("Danse Macabre" kommt dem noch am nächsten) und ist mit knapp einer Stunde Spielzeit außerdem eine ganze Ecke zu lang ausgefallen. Dabei ist gegen viel Material per se nicht mal etwas zu sagen (Epica beweisen mit jeder neuen Platte das Gegenteil), im vorliegenden Fall ist es vielmehr so, dass die guten Momente ("My Witness your Victim", "Disconnect me") von der Menge an Songs und Ideen einfach irgendwie verschüttet werden. Das macht dieses Drittwerk natürlich noch lange nicht zu einem schlechten Album, bloß steht es sich im Endeffekt doch irgendwie selbst im Weg. Ein Problem, das sich wie ein roter Faden durch die bisherige Karriere des Quintetts zieht und langsam aber sicher leise Zweifel aufkommen lässt, ob die Truppe aus Montreal die Kurve noch mal bekommt oder nicht. Zu wünschen wäre es ihnen, denn die Produktion schiebt, und das richtige Rüstzeug hat man im Grunde auch. Was nach wie vor fehlt, ist der richtige Masterplan, dann klappt es auch irgendwann mit dem großen Hörspaß.

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de