Tarja Turunen & Mike Terrana " Beauty and the Beat" / VÖ 30.05.2014

 

 

Schubladenverweigerin Tarja Turunen hat wieder zugeschlagen. Diesmal handelt es sich um ein Projekt, das die stimmlich so gesegnete Wahl-Argentinierin mit ihrem langjährigen Weggefährten Mike Terrana auf die Beine gestellt hat, nämlich "The Beauty and the Beat". Nach dem Ausflug zur Weihnachtsmusik (Harus) jetzt also ein weiterer Rückgriff auf die klassischen Wurzeln der Sängerin.

 

Das "klassisch" darf dabei so ernst wie selten genommen werden, denn offiziell dient dieses Projekt zwar dazu die Klassik und den Rock zusammenzuführen, "Beauty and the Beat" bedient aber vor allem die Klassik-Klientel, die direkt mal die komplette erste CD und damit 13 von 21 Tracks stellt. Für den gemeinen Rocker ist die erste Scheibe damit im Grunde auch schon komplett gestorben, denn wer bisher nichts für Bach, Dvorak ("New World Symphony") oder Mozart ("Eine kleine Nachtmusik") übrig hatte, wird durch dieses Teil vermutlich nicht zum glühenden Fan mutieren. Daran ändern weder überaus bekannte Stücke wie die "Wilhelm Tell Overtüre" (Rossini) etwas, noch die Tatsache, dass Terrana hier und da eine schöne (teils aber deplatziert wirkende) Drum-Salve untermischt. Natürlich klingt das Orchester großartig, ebenso Tarja, aber als Rocker muss man das nicht gehört haben oder mögen. Da macht die zweite CD schon deutlich mehr Laune, die muss zwar ebenso ohne unseren guten alten Freund die Gitarre auskommen, allein schon die Songauswahl sorgt aber für eine willkommene Nähe zu Tarjas regulären Soloalben. So wird die eher unbekannte Queen-Nummer "You take my Breath away" in einer recht minimalistischen Version dargeboten, Led Zeppelin wird mit einem clever arrangierten Medley gehuldigt und sogar Tarjas ehemalige Band Nightwish ist mit "Swanheart" vertreten. So richtig geht dem Fan das Herz aber vor allem dann auf, wenn neben dem Holopainen-Schmuckstück noch "The Reign" und die Hitsingle "I walk alone" mit der vollen Orchestrierung für Gänsehaut sorgen. Das Highlight auf "Beauty and the Beat" ist für mich trotzdem ein anderer Song, nämlich die unglaublich gute, dramatische Version von "Into the Sun", die auf fast sieben Minuten kommt.

 

Die Frage, ob diese Doppel-CD ihre Käufer finden wird oder nicht, ist mühselig zu diskutieren. Zugute kommt dem Duo sicherlich, dass Tarja seit jeher eine Crossover-Künstlerin ist, also eine, die in mehreren Genres zu Hause ist. Auch die weltweite Fanbase ist sicherlich kein Nachteil. Ob man dieses Teil nun aber wirklich braucht, steht auf einem anderen Blatt. Wer neugierig auf die klassische Tarja ist oder einfach mal seinen Horizont erweitern möchte, bekommt den Einstieg hier leicht gemacht und wird von der Finnin gewissermaßen an die Hand genommen. Wer nur die Orchesterversionen der Rocksongs haben möchte, fährt hingegen mit Einzeldownloads deutlich besser. Dieses 2013 aufgezeichnete Konzert erscheint parallel übrigens auch auf DVD und Blu-ray. Hier kann man den Vollprofis an Mikrofon, Sticks und natürlich im 50-köpfigen Orchester sogar noch auf die Finger schauen und das stimmungsvolle Ambiente genießen. Dass Mike Terrana einen Song des großen Frank Sinatra singen darf ("Fly me to the Moon"), ist zwar nett gemeint und gar nicht so übel umgesetzt, grenzt aber sowohl mit als auch ohne Bild an Majestätsbeleidigung.

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de