Tarja "The Brightest Void" / VÖ 03.06.2016

 

 

 

Also noch mal ganz langsam, irgendwie kommt man ja nicht so recht mit: Tarja Turunen veröffentlicht mit "The Brightest Void" ein neues Studioalbum. Beziehungsweise den Vorboten ihres nächsten "richtigen" Albums, der allerdings auch keine EP ist, sondern ein Sammlung von Tracks, die theoretisch auf das Album hätten kommen können, sollen, dürfen, wozu es letztlich doch nicht kam. Da auch ein Doppelalbum nicht angestrebt wurde, präsentiert die Wahl-Argentinierin uns nun also eine Art "Vor-Album", ein Prequel mit insgesamt neun Tracks, bevor in einigen Wochen mit "The Shadow Self" das reguläre neue Langeisen erscheint. Alles klar? Nein? Macht nix.

 

"The Brightest Void" jedenfalls hat durchaus Kaufargumente für Fans zu bieten, zum Beispiel das vorab in Videoform gezeigte "The bitter End", das jeden Tarja-Fan mit seinem geschmeidigen, schmeichelnden Chorus schnell in seinen Bann ziehen wird. Keinen Grund zur Beschwerde gibt es auch bei "Eagle Eye", einem schönen Midtempo-Rocker, den Tarja gemeinsam mit ihrem ebenfalls als Sänger aktiven Bruder Toni Turunen intoniert. Doch auch außerhalb der eigenen Blutlinie hat sich die Finnin nach Unterstützung umgesehen: Da wäre zum Beispiel Landsmann und Hanoi Rocks-Frontmann Michael Monroe, der im kräftig dahin rockenden "Your Heaven and your Hell" den stimmlichen Gegenpol gibt. Ob es den akuten Stilbruch samt Break und schmalzigem Jazz/Blues-Zwischenspiel wirklich gebraucht hätte, sei dahingestellt. Als weiterer Gast ist außerdem Chad Smith mit von der Partie, eigentlich in Diensten der Red Hot Chili Peppers - ein Name, den man eher nicht erwartet hätte. Nicht ganz so erfreulich ist die Tatsache, dass auch ein paar potentielle Bonustracks durch die Umverteilung auf zwei Quasi-Alben als reguläre Songs verkauft werden. Ein Recycling-Geschmäckle hinterlässt "Paradise (what about us?)", das bekanntlich eigentlich ein Within Temptation-Song von deren letztem Album ist und hier in einer "Tarja Version" abermals verwertet wird. Im Grunde beschränkt sich diese Version darauf, dass die Gesangsspuren von Sharon den Adel zumeist deutlich nach hinten gemischt wurden, während der Song seltsamerweise auch an Durchschlagskraft verliert - hätte ich persönlich jetzt nicht unbedingt gebraucht. Das Cover des Bond-Titelsongs "Goldfinger" ist gefühlt ebenfalls eher eine B-Seite, selbst wenn die dramatische Umsetzung wenig Wünsche offen lässt und es vor allem gesanglich selbstverständlich rein gar nichts zu meckern gibt. Ebenfalls aus fremder Feder stammt "House of Wax", hier verbeugt sich Tarja vor dem großen Paul McCartney und tut dies auf durchaus stilvolle Art und Weise und in einem pompösen Soundgewand. Trotzdem sehe ich diese Songs in erster Linie als ziemlich klassische Bonustrack-Kandidaten. Hinzu kommt, dass "The brightest Void" zwar absolut gut gemeint ist, aber keinerlei roten Faden aufweist und somit nicht sonderlich stimmig daher kommt. Gedacht ist "The Brightest Void" als Vorgeschmack - die Frage, die sich mir stellt: Vorgeschmack auf was? Ein eingängiges Rock-Album ("No bitter End")? Oder eher düsteren, Tarja'esken Soundtrack-Bombast ("Witch-Hunt", "An empty Dream")? Ein Coveralbum? Diese Frage bleibt leider unbeantwortet. Für Fans und Sammler, die die Wartezeit auf "The Shadow Self" überbrücken wollen, geht diese Scheibe zwar in Ordnung, aber ich freue mich dann doch irgendwie eher auf das "richtige" Album, das unter anderem ein Duett mit Alissa White-Gluz (Arch Enemy, Kamelot) enthalten wird. Am meisten aber freue ich mich auf eine klar erkennbare Marschrichtung.

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de