Tarja "Left in the Dark" / VÖ 04.07.2014

 

 

 

Tarja Turunen bleibt produktiv: Nach der Live CD/DVD "Beauty and the Beat", die sich vor allem der "klassischen Tarja" verschrieben hatte, gibt es jetzt wieder Futter für das Rock-Publikum der Finnin. "Left in the Dark" ist eine Sammlung von Raritäten und Überbleibseln rund um das letzte Langeisen "Colours in the Dark". Besucher der Frühjahrstour kamen bereits damals in den Genuss dieses Materials, denn wer eine Karte für eines der Konzerte erwarb, bekam diese CD vorab und exklusiv als Gastgeschenk überreicht.

 

Nun wird "Left in the Dark" also für jedermann zugänglich gemacht und lässt gleichzeitig einen Blick auf die Entstehung des letzten Album zu. Das beginnt direkt mit dem ersten Track, der Demoversion von "Victim of Ritual", die zwar noch nicht über die Bandbreite und Wucht der finalen Version verfügt, aber schon andeutet, dass man es hier mit einem potentiellen Hit zu tun hat. Dem Demo von "Lucid Dreamer" hingegen fehlt nicht nur der dicke Bombast, sondern vor allem der klangcollagenartige Mittelteil, wodurch diese Frühversion auf immerhin zwei Minuten weniger Spielzeit kommt. Je nach Vorliebe könnte man gar so weit gehen, dass das Demo schneller auf den Punkt kommt und der später hinzugefügte Mittelteil gar verzichtbar ist. Interessant ist auch der "Zwischenentwurf" von "Never Enough", der das Stück von einer etwas anderen Seite zeigt. Wo auf dem Studioalbum noch fette Gitarrenwände aufgefahren werden und großes Drama mit hohem Metalfaktor und viel Distortion heraufbeschworen wird, legt die "Progression"-Version den Schwerpunkt deutlich mehr auf das Piano und präsentiert sich als schmeichelnde Halbballade mit Radio-Potential. "Mystique Voyage" ist in der hier präsentierten Frühform schon sehr nah am späteren Albumtrack, sogar Tarjas Backing-Chöre sind bereits zu hören. Was hingegen komplett fehlt, ist der eigentliche Text und damit auch die Gesangslinien, was den Song zu einem (trotzdem hörenswerten) Quasi-Instrumental macht und damit auf eine Stufe mit "Deliverance" stellt, das hier schon den fetten, cineastischen Sound, aber ebenfalls noch keinen Gesang mitbringt. Für die amtliche Gänsehaut zwischendurch wurden dann noch zwei Akustikversionen ("Until Silence" und "500 Letters") auf "Left in the Dark" geparkt, dazu eine komplett von Tarja gesungene Version von "Medusa", das auf "Colours in the Dark" als Duett mit Justin Furstenfeld (Blue October) zu finden ist. Wie schon bei "Lucid Dreamer" gilt auch hier: Welche Version besser ist, entscheidet einzig und allein der persönliche Geschmack. All diese alternativen Versionen und Einblicke in die Entwicklung der Stücke machen diese Song-Sammlung vor allem für Fans ziemlich interessant, die so die Gelegenheit bekommen das aktuelle Studioalbum Tarjas aus dem einen oder anderen frischen Blickwinkel zu betrachten. Ähnlich geartete Alben haben wir definitiv schon weitaus schlechter und liebloser gesehen. Es bleibt also bei der Bombast-Rock-Binsenweisheit: Wo Tarja Turunen drauf steht, ist auch Qualität drin.

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de