Tape „#2“ / VÖ 09.02.2007

 

 

Binnen weniger Jahre haben die Modern Rocker Tape mehr durchlebt, als manch andere Band in einer 20-jährigen Karriere. Nachdem man im miefigen Proberaum lange Zeit vor sich hin musiziert hat, geht auf einmal alles blitzschnell. Zur Hochphase des so genannten New Metal kommen Tape aus dem Stand bei einem Major Label (East West Records) unter, veröffentlichen ihr mit „#1“ betiteltes Debütalbum, platzieren die Videos zu „Yehaa“ und „Mother“ auf MTV und eröffnen für Bands wie Stone Sour, Distburbed oder Slipknot und beackern darüber hinaus das Publikum bei Rock am Ring von der größten Bühne aus. Heile Welt? Pustekuchen. Als das eigene Label mit weiteren zu einem Großkonzern zusammengelegt wird, droppt man auf Befehl von Oben alle nationalen Acts. Sängerin Darcia Bridges (der man bis heute vorwirft keine echte Rockerin, sondern ein Pop-Mäuschen zu sein) wirft daraufhin die Brocken hin und lässt ihre ehemaligen Bandkollegen vor einem Scherbenhaufen stehen. Mehr noch, vor wenigen Wochen versucht sie zudem ihrer ehemaligen Band per einstweiliger Verfügung die Veröffentlichung des 2. Albums zu verbieten, so dass „#2“ um eine Woche verschoben werden muss.

 

Wer jetzt glaubt, dass diese Band am Ende ist, der täuscht sich. Nachdem man der Band bei ihrem Debüt noch vorwarf sie wären Trittbrettfahrer eines Trends, so darf man jetzt beobachten, dass Tape alles andere als Retortenrocker sind. „#2“ präsentiert sich im Vergleich mit seinem Vorgänger musikalisch und vor allem textlich gereift und hat sich von der zurückhaltenden lyrischen Oberflächlichkeit des Erstlings ohne ein Träne im Knopfloch verabschiedet. Statt dessen hat die Band sich daran gemacht, äußerst kurzweilige Hits vom Stapel zu lassen, wie etwa das geradezu nach Liveumsetzung schreiende „Mary“ mit seinen Mitsingparts und einem bissigen, ironischen Textinhalt. Von Zwischenspielen wie den hier und da mit RnB Elementen (und entsprechenden Vocals) angereicherten „Knock Out“ und „Playhouse“ sollte man sich definitiv nicht irritieren lassen, ebenso wenig vom federleichten Feierabendrocker „T-Minus“. Tape sind nämlich definitiv eine Rockband, aber eine, die auch vor Experimenten und genrefremden Einflüssen nicht zurückschreckt. Abgesehen davon hat „#2“ nicht wenig hochwertiges Liedgut wie „Falling“ zu bieten, das straight und druckvoll rockt und dessen Melodie nur schwer wieder abzuschütteln ist. Gleiches gilt übrigens für den lasziven Gesang der neuen Leadsängerin Peti van der Velden, der positiv überrascht und in ebensolcher Erinnerung bleibt.  Damit stehen die Chancen gut, dass Tape in eine positive Zukunft schauen dürfen. Die eine oder andere große Tour wäre dazu sicher nicht unpraktisch. Dann mal auf zu neuen Ufern.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de / 31.01.2007