Suicide Silence "The Mitch Lucker Memorial Show (Ending is the Beginning)" / VÖ 14.03.2014

 

 

 

Viel treffender hätte der Untertitel dieser Platte kaum sein können. Suicide Silence stehen in der Tat vor einem Neuanfang und zwar vor einem, der schmerzhaft ist, wenngleich das Ende ihres ersten großen Kapitels noch um ein Vielfaches schmerzvoller war. An Halloween 2012 hatte der gleichermaßen charismatische wie von den Fans geliebte Frontmann Mitch Lucker auf dem Weg zu einer Party einen tödlichen Motorradunfall, der die Welt von Suicide Silence von einer Sekunde auf die andere komplett aus den Fugen riss. Der Schock saß bei Band und Anhängern (von Mitch´s Frau und seiner Tochter gar nicht zu reden) noch tief, als man sich Gedanken zu machen hatte, ob und falls ja wie man als Band weitermachen soll.

 

Mittlerweile wissen wir es, und in Hernan Hermida hat man einen neuen Sänger gefunden. Das Kapitel Mitch Lucker hingegen schloss man mit einem Benefizkonzert ab, dessen Erlös der Ausbildung von Mitch´s Tochter Kenadee zugute kommen soll. Ein sehr nobles Vorhaben also, für das man die diversen Gäste, die bei der Show und dem nun vorliegenden Live-Mitschnitt mit den verbliebenen Musikern die Bühne teilten, nicht lange bitten musste. Neben ehemaligen Bandmitgliedern sorgten auch Freunde und Wegbegleiter wie Winds of Plagues, Job for a Cowboy oder All Shall Perish für einen mächtigen, 20 Songs umfassenden Abriss erster Kajüte. Garstige Hassbrocken wie "Bludgeoned to Death" und "No Pity for the Coward" fräsen sich derb durchs Unterholz, die Breakdowns kennen - typisch Suicide Silence - keine Gnade, und an den richtigen Stellen tut das Publikum als mächtig pissiger Chor sein Übriges, um aus diesem eigentlich traurigen Anlass eine Deathcore-Lehrstunde der besonderen Art zu machen. Trauerbewältigung einmal anders, möchte man sagen, und trotzdem wahrscheinlich ganz im Sinne des großflächig tätowierten Verstorbenen. Der dürfte oben auf seiner Wolke gesessen und zumindest ein wenig geschmunzelt haben, als Anthony Notarmaso (After the Burial) die Fans dazu aufforderte, während "Smoke" - falls vorhanden - ihr Weed aus der Tasche zu holen und ordentlich einen durch zu ziehen. Da lautet das Motto wohl "Fuck Everything", das wenig später den vorläufigen Abschluss des Suicide Silence-Materials bildete und mit Chad Gray (Mudvayne, Hellyeah) dargeboten wurde. Nach zwei Coverversionen mit den zwei wohl größten Gaststars Rob Flynn (singt "Die young" von Heaven and Hell) und Max Cavalera (singt den Sepultura Evergreen "Roots bloody Roots") folgte noch eine dritte, nämlich "Engine #9" von den Deftones. Diese ist gleichzeitig ein besonderer Gänsehautmoment, denn der Gesang stammt von Mitch Lucker höchstpersönlich und wird posthum per Sample eingespielt, während seine Bandkollegen die Nummer live runter zocken. Als großes Finale folgte jetzt nur noch das mit Randy Blythe (Lamb of God) zum Besten gegebene "You only live once", einem Song, der nicht nur gewissermaßen zur Hymne der trauernden Fans wurde, sondern dessen Text fast schon auf erschreckende Weise zu dem tragischen Ableben seines Verfassers passt. Aus solchen Geschichten entstehen Mythen und Legenden.

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de