Stone Sour „House of Gold & Bones Part 1“ / VÖ 22.10.2012

 

 

Als Corey Tayler über die letzten Monate nach und nach Details und Umschreibungen über und für das neue Doppel-Album “House of Gold & Bones” verriet, klangen seine Worte zumeist so, als wolle man die Metalwelt auf den Kopf stellen und strebe mit dem Sound der neuen Platte nach der totalen Revolution. Jetzt ist der erste Teil erhältlich und der Hörer kann (muss?) die Aussagen des Multitalents zum Teil revidieren.

 

Natürlich will ein Musiker vor allem Aufmerksamkeit für sein neues Erzeugnis generieren, wenn er mit solch markigen Sprüchen um die Ecke kommt. Das ist gang und gäbe und Taylors gutes Recht, der selbstverständlich weiß, dass die Kids an seinen Lippen hängen, wenn er den Mund aufmacht. Nun ist es ja nicht so, dass nicht auch das eine oder andere Fünkchen Wahrheit in den Aussagen des Frontmannes steckt. Stone Sour haben sich in der Tat einer weiteren Transformation unterzogen, sowohl in Sachen Songwriting und Sound, als auch personell. Langzeitmitglied Shawn Ekonomaki hat die Band während der Arbeiten am neuen Songmaterial verlassen, und ein Nachfolger muss noch gefunden werden, weshalb Rachel Boland (Skid Row) dessen Part im Studio übernommen hat, während Johnny Chow (Cavalera Conspiracy) auf der kommenden Tour am Bass aushilft. Jetzt zu behaupten, dass Ekonomakis Fehlen Stone Sour musikalisch hart zusetzen würde, wäre sicherlich gelogen. Denn auch so machen die Herren ein ganz schönes Fass auf und präsentieren einen Longplayer, der mit jedem Durchlauf mehr zu begeistern weiß. Man hat Abstand genommen vom kommerziell teils sehr gut verwertbaren Vorgänger „Audio Secrecy“, serviert aber immer noch verdammt viele Hooks, famose Melodien und als Sahnehäubchen den einen oder anderen großen Moment. Das heißt auch, dass man mit dem recht simpel gestrickten Debüt „Stone Sour“ nicht mehr wirklich viel zu tun hat, was allerdings keinen überrascht, der die beachtliche Entwicklung von Stone Sour seit 2002 mitverfolgt hat. Das größte Ass im Ärmel der Alternative Metaller ist und bleibt aber immer noch Corey Taylor, der sich diesmal das Beste aus all seinen Facetten und schier endlosen Möglichkeiten vorgenommen hat und „House of Gold & Bones“ quasi im Alleingang um wenigstens eine Klasse nach oben befördert. Egal ob er nun hörbar angepisst das spröde und heftige „RU486“ herausbellt, das mit zusätzlichen Gangshouts daherkommt, oder er in der erst sehr ruhigen und später auflodernden Ballade „Taciturn“ für Gänsehaut sorgt - die Bandbreite dieses Kerls ist und bleibt unfassbar. Fakt ist auch, dass das Konzept über die Schizophrenie einer imaginären Hauptperson und die daraus resultierenden Kontraste zwischen den Songs kaum ein Sänger seiner Generation besser hätte in Szene setzen können als Taylor, aus dessen Feder besagtes Konzept auch stammt.

 

Beschrieben wird „House of Gold & Bones“ von der Band übrigens gern als eine Mischung aus „The Wall“ (Pink Floyd) und „Dirt“ (Alice in Chains). Ihr „schwarzes Album“ soll diese Zwillingsscheibe werden (der zweite Teil erscheint im Frühjahr), haben Stone Sour verlauten lassen. Ob man wirklich einen vergleichbaren Klassiker abgeliefert hat, entscheidet natürlich die Zeit, unter gütiger Mithilfe des Publikums versteht sich. Das Potential ist jedenfalls gewaltig und auch die Komplexität des Songmaterials erschlägt den Hörer nicht, sondern tritt eher unterschwellig in Erscheinung. Beste Voraussetzungen also, dass „House of Gold & Bones“ tatsächlich zum Opus Magnum von Stone Sour aufsteigt. Mancher mag Corey Taylor für ein Großmaul halten, wenn er aber – was nicht selten der Fall ist – am Ende doch recht behält, gehen der Gegenseiten schnell die Argumente aus. Wenn dann auch noch Hymnen wie „Absolute Zero“ und „Tired“ auf den Tisch kommen, sind die Fronten endgültig geklärt.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de