Steven Wilson "Insurgentes" / VÖ 06.03.2009

 

 

Steven Wilson ist ein Mensch, der offenbar mit der gleichen Selbstverständlichkeit immer neue Musik kreiert, mit der andere Leute atmen, essen oder falsche Angaben in ihrer Steuererklärung machen. Nicht genug damit, dass der Brite mit seiner Hauptband Porcupine Tree immer erfolgreicher wird und bei zahlreichen anderen Projekten als Musiker und/oder Produzent involviert ist (u.a. Blackfield und No-Man). Jetzt legt er mit "Insurgentes" auch sein erstes Solo-Album vor.

 

Natürlich ist dieses auch hier und dort vom Geiste Porcupine Trees beseelt, und sei es nur aufgrund der Wilson-typischen melancholischen Stimmung und des Drummings von PT-Schlagzeuger Gavin Harrison. Dennoch sollte man nicht den, nach dem Opener "Harmony Korine" vielleicht noch nahe liegenden, Fehler machen, in "Insurgentes" nur ein außerplanmäßiges Album von Wilsons Hauptband zu sehen. Der schmächtige Multiinstrumentalist nutzt hier nämlich sehr wohl alle Freiheiten, die ihm das Konzept "Solo-Album" gewährt und zieht durch den Einsatz unterschiedlicher Stilelemente wie u.a. hypnotischer Loops und nervenzehrender Noise-Attacken die Grenzen seines Schaffens noch viel weiter als zuvor, obwohl man ihm an sich einen Mangel an Experimentierfreude ja noch nie nachsagen konnte. Etwa das als Piano-Ballade beginnende "Get All You Deserve" am Ende in einem Meer aus Krach zu versenken, hätte er sich bei seiner Hauptband wohl nicht getraut. Vor allem aber ist der Hang zu straffen Songstrukturen, der bei Porcupine Tree spätestens seit "Stupid Dream" spürbar ist (wenngleich er auch auf den unterschiedlichen Alben nicht immer mit der gleichen Stringenz verfolgt wurde), für "Insurgentes" offenbar kein Leitbild gewesen. Hier ergeht sich Wilson auch gerne in langen Soundspielereien und sphärischen Passagen. Das macht "Insurgentes" unterm Strich selbst für PT-Jünger zu einem anstrengenden, aber absolut lohnenden Album. Zwar steht das Werk für mich zumindest hinter den stärksten Momenten von Wilsons Schaffen mit seiner Hauptband zurück, zumal es nicht in gleicher Weise mitzureißen vermag. Dennoch liegt hiermit eine eindrucksvolle und - natürlich - mit erstklassigem Klang versehene Umsetzung des Konzepts völliger künstlerischer Freiheit vor.

 

Florian Gothe – www.sounds2move.de / 05.03.2009