Steve Hackett "Wild Orchids" / VÖ 08.09.2006
Steve Hackett (Ex-Genesis) ist ein Vollblutmusiker, das steht außer Frage. Der gute Herr beherrscht und versteht die Essenz der
Musik blindlings, was er mit seinen Soloalben immer wieder eindrücklich unter Beweis stellt. Dabei unterwirft sich Mr. Hackett
keinen kommerziellen Strömungen, keinen geraden "angesagten" Musikrichtungen, sondern er zieht ganz und gar sein eigenes Ding durch.
Und somit ist auch das neuste von ihm erdachte Werk "Wild Orchids" weit davon entfernt ein seelenloses Reißbrettprodukt zu
sein.
Nach "Metamorpheus"
, auf dem sich Steve Hackett ganz und gar Instrumental ausgetobt hat und extra dafür The Underworld Orchestra ins Leben gerufen hat, wird uns nun mit "Wild Orchids" wieder ein
"normales" Album präsentiert. Dabei offenbart schon der erste Hördurchgang, dass es sich bei diesem Album um eine nur schwer greif- und beschreibbare Angelegenheit
handelt. So experimentiert Steve Hackett mit allen möglichen Melodiestrukturen, wobei er dabei fließend alle möglichen Genregrenzen überschreitet.
Seien es nun progressive, rockige, avantgardistische, klassische, moderne, fernöstliche, folkloristische, elektronische oder auch psychedelische Klänge,
keine dieser Ausdrucksformen scheint Mr. Hackett fremd zu sein. Dabei achtet er darauf, dass trotz dieser enormen musikalischen Spannbreite kein zu
abstraktes Gesamtwerk entsteht. Vielmehr formt er aus all diesen Komponenten ein forderndes und intellektuell hoch stehendes Werk, das über die gesamte Spielzeit
durch und durch spannend bleibt. Mit jedem Song auf "Wild Orchids" wird der Hörer in eine neue Klangwelt entführt, die aber unüberhörbar die Handschrift von
Mr. Hackett trägt. So ist "Waters of the Wild" von einer fernöstlichen Melodie beseelt, während "Down Street" mit seinem groovigen und modernen Beat zu
gefallen weiß. Bei "A Girl called Linda" wird eine entspannte und jazzartige Atmosphäre erzeugt, nur um im darauf folgenden Stück "To a Close" eine unheilschwangere Grundstimmung aufkommen zu lassen.
Das Instrumental "She Moves in Memories" beschert dem Hörer ein Wiederhören mit The Underworld Orchestra, wobei sich dieses Stück auch gut auf
einen Filmsoundtrack machen würde. In gesanglicher Hinsicht ist das coole Bob Dylan Cover "Man in the Long Black Coat" aber zweifellos das
Highlight des Albums. Erinnert Hackett`s Gesang darauf doch schwer an den unvergessenen Johnny Cash, wobei der legendäre Countrysänger
sicherlich seine Freude an diesem westernmäßigen Song gehabt hätte. Und wer nun denkt, dass mit dieser kleinen Auflistung von Beispielen
das Spektrum dieses Albums ausgeschöpft ist, der hat leider falsch gedacht, da "Wild Orchids" noch so manche und auch hörenswerte
Überraschung auf Lager hat.
Wild Orchids" ist kein Album für den kleinen Hunger zwischendurch. Sondern ein Werk, das ein
intensives Anhören fordert und auch verdient. Steve Hackett schert sich keinen Deut um die Hörgewohnheiten und die Erwartungen des Hörers,
sondern er zelebriert geradezu das Spiel mit dem Unerwarteten. Und somit findet man auf "Wild Orchids" anspruchsvolle Musik, die in
ihrer Gesamtheit durch und durch zu gefallen weiß.
Nando
Rohner – http://www.sounds2move.de
10.09.2006