Staubkind „Zu weit“ / VÖ 12.10.2007

 

 

Terminal Choice Gitarrist Louis Manke ist offensichtlich nicht ausgelastet. Oder sagen wir besser sein Mentor und der Labelchef seiner Soloband Staubkind – Chris Pohl – tanzt bekanntlich auf derart vielen Hochzeiten (Blutengel, Terminal Choice, Tumor...), dass dem Mann genug Zeit bleibt sich zwischenzeitlich ausgiebig mit Staubkind zu beschäftigen. Mit „Zu weit“ hat Manke nun sein 2. Album unter dem Banner Staubkind an den Start gebracht, ein Album, dessen bittersüße Essenz wie für ungemütliche Herbsttage gemacht zu sein scheint.

 

Ich warne euch allerdings gleich vorweg: „Zu weit“ ist bis unters Dach mit Pathos und Schwermut voll gestopft. Wen das nicht abschreckt, dem eröffnet sich ein Album, das zwar mit Herzschmerz angereicht ist, das aber nach knapp 55 Minuten dennoch ein positives Gefühl hinterlässt. Wer jetzt der Meinung ist er hätte es mit einem Longplayer für vereinsamte Gothenherzen zu tun, dem kann ich nur bedingt recht geben. Denn Staubkind setzen auf „Zu weit“ nicht nur auf einfühlsame deutsche Texte und ohrwurmartige Melodien, sondern auch auf eine prägnante Gitarrenarbeit. Dabei sollte man sich vom typischen, gesampelten Gothic-Intro und der eher sphärisch-elektronischen Eröffnungsnummer „Abschied“ nicht abschrecken lassen. Denn bereits das folgende „Erinnerung“ ist ein astreiner (Gitarren-) Gothic Rocker, der ganz offensichtlich für die Tanzflächen geschrieben wurde. Auch in „Halt mich“ oder etwa „November“ schlägt Louis Manke mitunter recht hart an, was auch Fans der metallischeren deutschsprachigen Acts aufhorchen lassen dürfte. Ein weiteres Lob muss man der Eindringlichkeit von Mankes Stimme einräumen, deren poetisches Klagen streckenweise regelrecht unter die Haut geht. Fast bin ich gewillt mich weit aus dem Fenster zu lehnen und zu attestieren, dass selbst ein kaum erreichbarer Peter Heppner beinahe in Sichtweite kommt.

 

Keine Frage: „Zu weit“ ist kitschig. Sehr sogar. Allerdings auf eine wunderbare und packende Art und Weise. Denn Staubkind watschen nicht einfach jedes greifbare Klischee ab, sondern Mastermind Louis Manke erweist sich auch auf dem zweiten Langeisen als wortgewandter Frontmann mit deutlichen Tendenzen in Richtung Schwermut und Gefühlskino. Oder kurz gesagt: „Zu weit“ ist ein Album zum träumen und abschalten, gespickt mit schmeichelnden Melodien und gefühlsmäßigen Höhen und Tiefen – eine erstklassige Scheibe für den Jahresausklang.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de / 01.11.2007