Sonic Syndicate „Confessions“ / VÖ 14.10.2016



Einst waren sie das (polarisierende) nächste große Ding im Modern Metal, wurden von ihrer damaligen Plattenfirma bei jeder Gelegenheit gepusht und zum potentiellen Massenliebling stilisiert. Zur Not sollten es fast schon Pin-Up-mäßige Promofotos der damaligen Bassistin Karin Axelsson richten - in den Büros der Manager sah man sich für alle Eventualitäten gewappnet. Bis es zu Streitigkeiten innerhalb der Band kam, woraufhin sich ein Teil der Mitglieder irgendwann abspaltete und The Unguided aus der Taufe hob. Ein paar Besetzungswechsel später, das potente Ex-Metal Major Nuclear Blast hatte die Schweden mittlerweile ebenfalls gedroppt, wagen Sonic Syndicate einen ziemlich radikalen Neuanfang. Und das nicht nur in geschäftlicher und personeller Hinsicht.

Denn wo man gerade so schön dabei war - teils freiwillig, teils aus der Not geboren - ohnehin jeden Stein umzudrehen, hat man sich gleich auch dazu entschlossen, seinem „Soilwork 2.0“-Sound abzuschwören und, wie man wissen lässt, in sich hinein zu hören und zu schauen welche Musik man anno 2016 machen möchte. Die Antwort lautet salopp formuliert: Metal schon mal nicht. Aber das ist gar nicht mal so schlimm, gerade vor dem Hintergrund des großen Umbruchs. Wo die Truppe vorher - auch vom Autor - teils extrem kritisch gesehen wurde, weil alles irgendwie zu konstruiert und zu gewollt war, erscheinen Sonic Syndicate heute um einiges authentischer und ein Stück weit auch mit sich selbst im Reinen. So ist „Confessions“ ein Album geworden, das man mit Alternative Rock grundsätzlich schon mal gut kategorisiert hat und in erster Linie noch eine Vorliebe für Samples und elektronische Spielereien erwähnen muss, damit jeder weiß was das Quartett in musikalischer Hinsicht vor hat. Und das macht es ausgesprochen gut, denn die Songs überzeugen mit einem warmen Klang, zünden augenblicklich und ohne große Umschweife und sind sehr leicht zugänglich. Dem einen oder anderen wird das eventuell eine Spur zu glatt sein, immerhin hat man auch jegliche Grunts entsorgt. Etwas rauer wird es hin und wieder trotzdem („I like it rough“), auf der anderen Seite schreckt man aber auch nicht vor einem tanzbaren Beat zurück („Falling“). „Confessions“ ist trotzdem ein durchgehend rockiges Album geworden, das durch den emotionalen Gesang von Nathan J. Biggs (immerhin seit 2009 in der Band) ein weiteres wichtiges Argument auf seiner Seite hat, denn der US-Amerikaner hat zweifelsfrei ein hörenswertes Stimmchen. Vor allem aber haben die „neuen“ Sonic Syndicate ihr Händchen für Hits erhalten: So könnte „Start a War“ auch von einer beliebigen Genre-Großmacht aus Übersee stammen, ebenso sind „Life is not a Map“ und „Russian Roulette“ formidable Ohrwürmer.

Man macht sicherlich einen Fehler, wenn man die vorherigen Sonic Syndicate mit denen auf diesem Langspieler vergleicht. Denn wenn man es genau nimmt, hat man es mit einer komplett neuen Band zu tun, der man möglicherweise auch gleich einen neuen Namen hätte geben sollen. Allein der Umstand, dass mit Robin Sjunnesson nur noch ein Originalmitglied dabei ist, erklärt die Sound-Unterschiede im Vergleich zu früheren Alben. Vor diesem Hintergrund ist auch der Albumtitel mehr als zutreffend, denn die zwölf Songs kommen, wenn man so will, durchaus einem Geständnis gleich. Vergangenheit ist Vergangenheit, das hier ist der Punkt, an dem wir genau jetzt stehen. Dass dabei auch mal schmalzig-schöner Pop herauskommt wie das Duett „Still believe“ mit der Singer-Songwriterin Madyx, wäre wohl sogar dem früheren Management eine Nummer zu heiß gewesen. 2016 und auf einem relativ kleinen Label nimmt man es dem Quartett hingegen ab, wenn es behauptet, einfach Lust auf solche Songs zu haben. Natürlich klingt das Ergebnis dieser inneren Zäsur unverblümt poppig, aber quasi zum ersten Mal in der Geschichte dieser trotz jetzt sechs Alben immer noch ziemlich jungen Band hat man das Gefühl, dass die Burschen hinter den Songs es wirklich ehrlich meinen. Wer das verurteilen möchte und sich lieber die Tage der von oben herab zitierten Modern Metal-Massenware zurück wünscht - bitte. Mir persönlich waren Sonic Syndicate jedenfalls noch nie so sympathisch wie auf dieser Scheibe.

Markus Rutten - www.sounds2move.de