Slash „Slash“ / VÖ 09.04.2010

 

 

 

Habt ihr den Knall gehört? Nein? War eigentlich unüberhörbar. Ich rede von dem Felsbrocken, der mir vom Herzen gefallen ist, nach dem ersten Durchlauf von Slashs neuer (und ersten richtigen) Soloscheibe. „Hoffentlich hat er es nicht versaut“ sagte ich immer wieder zu mir selbst. Wer auf die imposante Gästeliste von „Slash“ schaut, weiß warum man angesichts dieser schon mal mit einem neuen Kapitel im „Buch der uneinhaltbaren Erwartungen“ rechnen konnte.

 

Doch am Arsch die Räuber! Denn Mr. Zylinder hat es geschafft ausnahmslos jedem seiner Sangesbarden einen perfekt auf dessen Bedürfnisse und Vorzüge abgestimmten Song auf den Leib zu schneidern. „Promise“ (Chris Cornell) zum Beispiel tendiert gen Audioslave, „Doctor Alibi“ (Lemmy) rockt natürlich wunderbar knarzig und angebluest und für Kid Rock setzt Slash vor allem auf sommerliche Leichtigkeit in Verbindung mit dezent angedeutetem Südstaaten-Rock. Für Iggy Pop („We’re all gonna die“) verneigt man sich vor dessen Bruder im Geiste David Bowie und den Siebzigern, wohingegen Avenged Sevenfold-Frontmann M. Shadows modern interpretierten Glam Metal samt Ratter-Riff serviert bekommt. Über Popsternchen Fergie von den Black Eyes Peas haben – im Gegensatz zu Größen wie etwa Ozzy himself – viele Rocker schon mal pro forma die Nase gerümpft, nur um nach einem Testlauf von „Beautiful Dangerous“ verlegen Löcher in die Luft zu starren. Denn es wollte zwar niemand für wahr haben, aber die Frau hat wenn sie will eine beachtliche Rockröhre! Angesichts dieser Leistung muss ich gestehen, dass mich die Gerüchte um ein mögliches Rock-Soloalbum von Fergie nicht kalt lassen. Wenn sich die Dame wirklich kompetente Hilfe zur Seite holen würde (ich hab gehört Saul Hudson hätte Zeit...), könnte daraus ein echter Überraschungserfolg werden. Wenn da nicht der Konjunktiv wäre, schon klar. Apropos Konjunktiv: Hätte im voraus jemand damit gerechnet, dass ausgerechnet Myles Kennedy (Alter Bridge), jüngst als Live-Sänger für die anstehende Tour ins Boot geholt, mit seiner Darbietung bei „Starlight“ eines der wenigen Fettnäpfchen auf „Slash“ erwischt? Ich jedenfalls nicht, aber dem ist tatsächlich so. Denn was er sich mit seinem Abdriften im eierlose The Darkness-Dimensionen im Chorus „seines“ Songs gedacht hat, bedarf einer kritischen Nachfrage.

 

Ein bisschen paradox ist diese Langrille schon. Slashs Name steht drauf und er hat sich sogar für eine Selbstbetitelung entschieden, doch anstatt sich in (verdienter) Selbstbeweihräucherung zu üben, tritt die Gitarrenlegende bereitwillig ins zweite Glied und überlässt seinen Gästen das Rampenlicht. Das ist nicht nur gegenüber seinen partizipierenden Kollegen, sondern auch gegenüber den Fans und Hörern überaus großzügig. Denn anstelle von selbstverliebter Griffbrettwichserei setzt es Hits satt und das in einer Fülle, die ich mir nicht zu träumen gewagt hätte. Wie es mit der Langzeitwirkung aussieht wird sich zeigen, für den Moment ist „Slash“ aber eine uneingeschränkte „muss man gehört haben“-Scheibe!

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de / 01.04.2010