Serenity "Codex Atlanticus" / VÖ 31.01.2016

 

 

 

Überraschungen gibt es immer wieder. Dass Serenity sich diesmal dazu entschlossen haben, ein Konzeptalbum zu veröffentlichen, gehört nicht dazu. History-Nerd und Frontmann Georg Neuhauser hat sich diesmal das Leben(swerk) von Leonardo DaVinci vorgenommen und daraus den lyrischen Rahmen für "Codex Atlanticus" gezimmert. Einschneidende Neuerungen gab es eher in personeller Hinsicht, allen voran ist der Ausstieg von Sängerin Clementine Delauney zu nennen, die 2013 zur Band gestoßen war, ihren Platz im letzten Jahr aber schon wieder geräumt hat. Hinzu kommt mit Christian Hermsdörfer ein neuer Gitarrist sowie einige Musiker, die live in verschiedenen Konstellationen aushelfen, darunter die Sängerin Natascha Koch. Im Kern bestehen Serenity gegenwärtig hingegen als österreichisch-italienisch-deutsches Quartett, welches sich auch für "Codex Atlanticus" verantwortlich zeichnet.

 

Wer jetzt fürchtet, dass gewisse personelle Rochaden einen negativen Einfluss auf den Sound und das Songwriting hatten, kann seinen Puls beruhigt wieder runter fahren. Serenity haben an ihrer generellen Vorliebe für einen weiten, offenen, epischen Sound nichts geändert und bleiben weiterhin Österreichs Nummer 1 zwischen symphonischem Bombast, erhabenen Soundtrack-Momenten und kraftvoller Eingängigkeit. Mehr denn je klingt "Codex Atlanticus" außerdem wie aus dem einen, viel zitierten Guss. Hier sitzt wirklich jede Note, jedes Riff und jede kleine oder große Melodie an der richtigen Stelle, um das Album von der ersten bis zur letzten Sekunden stimmig zu halten. Man muss anfangs gar nicht erst versuchen, irgendwelche Songs als Highlights und Hinhörer auszurufen, denn das fünfte Album der Band überzeugt stattdessen durchgehend mit hohem musikalischen Niveau und tadellosem Songwriting. Erst nach und nach schälen sich die noch ein bisschen besser als der Rest daher kommenden Songs aus der Silhouette dieses Longplayers, etwa das überragende "Spirit in the Flesh" oder die rassigen "Sprouts of Terror" (Thrash anyone?) und "Follow me". Die beiden erstgenannten enthalten übrigens Gesangsbeiträge von Bassist Fabio D'Amore, der bisweilen unfassbar nach Tobi Sammet klingt. Mit "The perfect Woman" serviert man zudem zuckersüßen Kitsch mit mächtiger Meat Loaf-Schlagseite, der selbstverständlich als Duett (mit Amanda Somerville) daher kommt. Wenn dann der Rausschmeißer "The Order" mit einer schicken Keyboardlinie eröffnet, die auch bei den Labelmates Lacrimas Profundere ihren Effekt nicht verfehlt hätte, weiß man längst Bescheid, dass ein überaus hörenswertes Album hinter einem liegt, dessen Stärken vielseitig sind, während Schwächen quasi nicht existieren. Im wahrsten Wortsinne eine reife Leistung.


Markus Rutten - www.sounds2move.de