Savn „Savn“ / VÖ 24.04.2014

 

 

The Sins of Thy Beloved sind eine Gothic Metal Legende. Um die Jahrtausendwende veröffentlichten die Norweger mit „Lake of Sorrow“ und „Perpetual Desolation“ zwei absolute Meisterstücke des Genres. Danach herrschte Sendepause. Zwar geisterten immer wieder Gerüchte über neue Besetzungen und Aktivitäten durchs Internet, aber etwas Hörbares kam dabei nie heraus. Mit den Gerüchten dürfte nun Schluss sein. Die schlechte Nachricht zuerst: TSOTB sind wohl endgültig Geschichte. Die positive: Mit Stig Johansen und Anders Thue sind jetzt zwei ehemalige Streiter mit der neuen Band Savn am Start. Mit Carmen Elise Espenæs konnte man eine Sängerin gewinnen, die sich mit Midnattsol bereits ebenfalls einige Meriten verdient hat und die zudem bekanntermaßen die kleine Schwester von Liv Kristine ist. Letztere kann man wegen ihrer Verdienste mit Theatre of Tragedy mit allem Respekt getrost als Mutter des Gothic Metals bezeichnen. Folgerichtig darf sie auf dem selbst betitelten Savn-Debüt auch ein Duett mit ihrer Schwester singen.

 

Was soll man nun von „Savn“ erwarten? Dass man nach fast 15 Jahren Abstinenz den nach dem Ableben von TOT (in diesem Fall nicht nur Theatre of Tragedy, sondern auch Trail of Tears) und den musikalischen Irrfahrten von Tristania und Sirenia verwaisten Gothic Metal Thron sofort wieder besteigt als wäre nichts gewesen? Diese Erwartungshaltung wäre wohl etwas zu hoch gegriffen. Dennoch bietet „Savn“ für alle Anhänger des traditionellen norwegischen Gothic Metals eine schöne Zeitreise in die goldenen (oder besser schwarzen) 90er Jahre. Die Handschrift von TSOTB ist klar zu erkennen: düstermetallische Dramatik, Geige, Klavier, eine weibliche Ausnahmestimme, und die (allerdings etwas zu kurz kommenden) Growls dürfen ebenfalls nicht fehlen. Natürlich gibt es auch ein paar neue Einflüsse. So wird die Geige nicht nur klassisch, sondern auch folkig (etwa im Opener „Musical Silence“ eingesetzt. Und auch das norwegisch vorgetragene „Lengselens Hånd“ trägt deutlich eine Handschrift, die ich eher Sängerin Carmen, die überdies alle Texte des Albums verfasst hat, zuschreiben würde. Wenn es denn Ansätze zur Kritik gibt, dann vielleicht die Tatsache, dass das ganze Album insgesamt etwas zu fröhlich klingt. Insbesondere wenn man das textliche Konzept bedenkt, das sich vor allem mit dem Thema Entbehrung (norwegisch „savn“) beschäftigt. Zudem sind die Stücke für diese Musikrichtung überraschend kurz (meist zwischen vier und fünf Minuten). Man versucht dann doch mehr mit Eingängigkeit als mit Epik zu punkten, was aber nicht unbedingt ein  Nachteil sein muss. Allerdings ist die Platte mit gut 40 Minuten (durch zwei alternative Versionen kommt man dann auf 50 Minuten) doch recht kurz, was in diesem Genre wirklich untypisch ist. Dennoch sollte jeder Fan der „guten alten Zeit“ „Savn“ einmal antesten. Insbesondere bei den Songs, in denen auch Growls zum Einsatz kommen („I am free“ - zusätzlich noch mit Liv Kristine, „Now or never“ - hier grüßen die frühen Theatre of Tragedy ganz heftig -  oder die alternativen Versionen von „Hang on“ und „The Demons in me“), entwickelt sich dieses typisch norwegische Gothic Metal Feeling, das (hoffentlich nicht nur) ich solange vermisst habe.

 

Alexander Dontscheff - www.sounds2move.de