Saltatio Mortis "Zirkus Zeitgeist - Ohne Strom und Stecker" / VÖ 27.11.2015

 

 

Der Weihnachtsmann steht vor der Tür, es ist die Zeit des Kaufrauschs und deshalb auch der skeptisch beäugten Veröffentlichungen. Während uns Helene Fischer mit ihrer mördermäßig innovativen Idee, einfach ein paar abgehalfterte Weihnachtslieder zu trällern quält, buhlen Saltatio Mortis mit einer Wiederveröffentlichung ihres diesjährigen Albums "Zirkus Zeitgeist" um unsere Aufmerksamkeit. Im Gegensatz zur grenzdebilen, atemlosen Kunstfigur kann man sich das mit dem Zusatz "ohne Strom und Stecker" versehene Scheibchen der Spielleute ruhigen Gewissens ins Regal stellen.

 

Natürlich ist die Frage erlaubt, warum man genau das gleiche Album noch einmal auf den Markt bringt, nur eben im Unplugged-Gewand. Sicherlich hätte man diese Versionen etwa im Rahmen einer Fanbox anbieten können, allerdings hätte man die Neueinspielungen dann wohl einem Großteil des eigenen Publikums vorenthalten. Also entschloss man sich zu diesem Schritt und zeigt die Songs nun allen von einer anderen, nicht uninteressanten Seite. Dabei ist es neben der generell ruhigeren Umsetzung vor allem die Art und Weise, die "Ohne Strom und Stecker" durchaus spannend macht: So versprüht "Willkommen in der Weihnachtszeit" leichtes Reggae Flair, "Geradeaus" präsentiert sich als fröhliche Folk-Nummer und zum "Trinklied" lässt sich passenderweise beschwingt schunkeln. Sogar einen kleine Exkurs in Richtung Flamenco hat man sich gegönnt ("Rattenfänger"), wohingegen "Wo sind die Clowns" und "Vermessung des Glücks" im eher klassischen Akustikgewand eingekleidet wurden. Die Erstauflage von "Zirkus Zeitgeist - ohne Strom und Stecker" wurde mit einer Bonus-CD versehen, die - der Titel "Fest der Liebe" lässt es vermuten - mit sieben mehr oder minder weihnachtlichen Songs ausgestattet wurde. Abzüge muss es dafür geben, dass zwei der Songs ("Willkommen in der Weihnachtszeit", "Maria") schnöde Songs von der regulären Albumversion von "Zirkus Zeitgeist" sind. Das hätte man sich unter Umständen sparen können, aber einem geschenkten Gaul schaut man bekanntlich nicht ins Maul. Zumal die anderen Songs überzeugen können, darunter "Alle Jahre wieder", das sich nur den Titel und die Melodie des bekannten Weihnachtslieds ausgeborgt hat, textlich aber eine bissige Abrechnung ist, die stilecht mit einem schiefen Blockflöten-Intro eingeleitet wird und deren finales "Fröhliche Weihnachten" aus dem Hintergrund mit einem beherzten "Fick dich!" quittiert wird. "Morgen, Kinder, wird's nichts geben" und das nachdenkliche, geschichtliche, vom Weihnachtsfrieden im ersten Weltkrieg inspirierte "Als die Waffen schwiegen" sind die weiteren Eigenkompositionen, dazu kommen zwei gleichermaßen gefällig dargebotene Coversionen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Hier der Wham-Nervtöter "Last Christmas", da das aus dem 16. Jahrhundert überlieferte Weihnachtslied "Gaudete". Spaß machen beide, was nicht zuletzt der Vollgas-Umsetzung zu verdanken ist. Ergibt unterm Strich ein Gesamtpaket, für das man sich durchaus erwärmen kann, denn Saltatio Mortis ziehen die Sache konsequent und handwerklich einwandfrei durch. Mir gefällt's.

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de