Queensryche "Condition Hüman" / VÖ 02.10.2015

 

 

 

Vermutlich haben sie im Hause Queensryche drei Kreuze im Kalender gemacht, als der Rechtsstreit mit Ex-Frontmann Geoff Tate endlich vom Tisch war. Inzwischen ist die rechtliche Lage also geklärt, und während Tate die Konzept-Sternstunden "Operation: Mindcrime" 1 + 2 unter gleichem Bandnamen bis aufs letzte melken (und im Gegensatz zu seinen Ex-Kollegen auch in vollem Umfang live darbieten) darf, richten "Queensryche 2.0" ihren Blick primär nach vorne und können durchaus zufrieden auf "Condition Hüman" schauen.

 

Selbiges ist das zweite Album mit Sänger Todd La Torre und präsentiert eine Band, die offensichtlich keinen Drang verspürt, sich von irgendwelchen Anwälten oder einstigen Kollegen den Wind aus den Segeln nehmen zu lassen. Viel lieber machen sie einfach das, was sie am besten können: nämlich nicht zu verkopften Progressive Metal mit dem einen oder anderen Power Metal-Einschlag und einem "angedüsterten" akustischen Gesamterscheinungsbild. Bezogen auf die nüchternen Fakten bleibt festzuhalten, dass "Condition Hüman" bei ebenfalls elf Tracks immerhin 15 Minuten mehr Musik zu bieten hat, wenngleich der Vorgänger "Queensryche" mit 38 Minuten auch ein ziemlicher Quickie im Genre war. Nun wird also wieder etwas mehr an der Prog-Schraube gedreht, wobei man sich insgesamt durchaus vom eigenen Schaffen zu Zeiten von Alben wie "Rage for Order" und (Gruß and Geoff) "Operation: Mindcrime" orientiert und das Ganze mit einer eher kalten Produktion garniert hat, was wohl vor allem dem lyrischen Konzept geschuldet ist. Ihr Melodiebewusstsein haben Queensryche natürlich nicht verloren, was maßgeblich dazu beiträgt, dass "Condition Hüman" trotz seiner recht vielseitigen Songs zu jeder Sekunde im Fluss ist und einfach einen geschlossenen Eindruck hinterlässt. Gelernt ist eben gelernt, selbst wenn es aus der Tate-Ära doch ein paar Scheiben gibt, die daran berechtigte Zweifel aufkommen ließen. Diese Zeiten gehören nun der Vergangenheit an, und so robben die Amis nun wieder Stück für Stück an die vorderen Ränge in ihrem Genre heran. Mit ihrem nun nicht mehr ganz so neuen Sänger, der nicht nur gerne seine Fähigkeiten in gehobenen Stimmlagen demonstriert, sondern auch sowohl flotte Nummern wie "All there was" und "Arrow of Time", als auch Gefühlvolles wie "Bulletproof" und "Just us" spielend leicht handelt, muss mit dem Quintett wieder verstärkt gerechnet werden. Queensryche haben sich einerseits erfolgreich von Geoff Tate emanzipiert, gleichzeitig aber auch erkannt, was sie in der Vergangenheit auszeichnete und stark machte. Mit dieser Rezeptur hat man wieder das Zeug dazu, zu der Relevanz zurück zu finden, die man dereinst schon einmal inne hatte und die einem über die Jahre Stück für Stück irgendwie abhanden gekommen war.

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de