Psyopus "Odd Senses" / VÖ 13.02.2009

Du dachtest immer, Bands wie Nile, Psycroptic oder Cryptopsy seien wildes Gefrickel? Mucke, bei der man den roten Faden, sollte einer vorhanden sein, kaum findet? Ha! Ein herzliches Willkommen in der realen, brutalen Welt! Mit "Odd Senses" liefern die vier jungen New Yorker ihr drittes Werk ab. Wo Psyopus drauf steht, ist Psyopus drin. In Reinkultur. Wer mit den Abgesandten des Chaos' bisher nicht warm geworden ist: Achtung, Finger weg! Der geneigte Hörer folge bitte der Führung in eine sich von jeder Songstruktur losgesagten Welt, auf dem Pfad der Überraschung wandelnd werden sich ungeahnte Dimension öffnen…

Unbekümmert heizt "Medusa" nach einem wahrlich verwirrenden Intro ein. Im ersten Moment als hirn- und herzloses Gepolter abgetan, offenbart sich schnell, dass dahinter weit mehr steckt, als der erste Eindruck hergeben will. Denn nebst den messerscharfen, irrwitzig schnellen Riffs und vertrackten Hooklines bietet "Odd Senses" einen ganzen Haufen mehr und schafft den Spagat zwischen einer Tech-Demo und absolut genießbarer Musik - wobei der Begriff "Musik" hier eigentlich überfordert ist. So werden im weiteren Verlauf immer wieder Sprachsamples (selten in offenkundigem Zusammenhang) eingestreut, ab und an klingt eine verstörende Spieluhrmelodie aus den Boxen, die deutlich hörbare Bassgitarre sorgt für einige jazzig groovende Momente und hellt so die akustische Irrenwelt auf.
Erstaunlich: Mit "A Murder to Child" setzen Psyopus eine unverzerrte Variante ihrer wirrgeistigen Ergüsse mitten unter die tödlichen Elektrowalzen. Aber das Experiment scheint geglückt: Dank dem gedrosselten Tempo sind die Melodien klar erkennbar, die im Infotext erwähnten Streicher streichen nun schön vordergründig und geradezu erstaunlich andächtig. Dass hierbei die eigentlich gleichen Instrumente zum Einsatz kommen wie in den übrigen Liedern, erscheint angesichts der zum einen von Pein erfüllten und zum anderen sanftmütigen Klänge beinahe schon bizarr. Zum Schluss wird der Hörer mit einer 20-minütigen Collage verschiedenster Aufnahmen konfrontiert. Hier findet sich Material, welches wohl sogar in Psyopus' Augen zu abgedreht für die reguläre Rotation ist, demnach wird der Track im Booklet erst gar nicht aufgeführt. Von Proberaumschnipseln bis hin zu schwarz-humorigstem Gequatsche ist alles enthalten. Wer dem Englischen mächtig ist und gerne dem eher etwas derberen Humor frönt, sollte sich das nicht entgehen lassen!

Als kurzes Fazit: Die Scheibe ist weit mehr, als sie in den ersten Sekunden zu erkennen gibt. In Perfektion werden Grenzen ausgelotet, in Perfektion wird gebolzt und überrascht. Châpeau, Psyopus!  Das passende Sample zum Schluss: "And… Over. And… Over. And… Over. And… Over. And… Over!"

Micha Käser – www.sounds2move.de / 23.03.2009