Placebo „We come in Pieces“ / VÖ 28.10.2011

 

 

 

Placebo sind Weltenbummler und Weltbürger gleichermaßen. Sänger Brian Molko, geboren in Belgien als Sohn einer Schottin und eines US-Amerikaners mit französischen und italienischen Wurzeln etwa hat bereits als Kind in den verschiedensten Ländern gelebt. Sein „Partner in Crime“ Stefan Olsdal ist eigentlich Schwede, lebt aber ebenfalls schon lange im Ausland (erst Luxemburg, jetzt England). Noch internationaler wird es auf der neuen Live-DVD /Blu-ray „We come in Pieces“.

 

Besagtes Teil kommt mit einem Tourfilm daher, welcher das Kerntrio (der Vollständigkeit halber muss hier noch Drummer Steve Forrest erwähnt werden) und seine erweiterte Live-Mannschaft im Rahmen ihrer Tour zum noch aktuellen Album „Battle for the Sun“ begleitet. Dieser kunstvoll inszenierte Film allein wäre fast schon eine DVD-Veröffentlichung wert gewesen, wenn man sich nur mal die beeindruckende Bildsprache mit Eindrücken aus den unterschiedlichsten Ländern und Kulturen vor Augen führt. Authentisch wird diese Dokumentation auch dadurch, dass nicht nur Höhepunkte und Schokoladenseiten präsentiert werden, sondern ein insgesamt unverzerrtes Bild gezeichnet wird. Molko erzählt beispielsweise, wie aus seinem langjährigen Weggefährten Olsdal, eigentlich ein sehr zurückhaltender und stiller Schlaks, erst nach und nach eine Art zweiter Frontmann für Placebo wurde. Ferner philosophiert der charismatische Sänger über die verschiedenen Facetten des Musikerdaseins, lässt dabei aber auch nicht außen vor, dass er selbst ein eher schwieriger Charakter sein kann, der am liebsten nur über seine Musik mit der Außenwelt kommunizieren würde. Für Sebastián Piñera macht man da natürlich gern eine Ausnahme. Welcher Künstler kann schon von sich behaupten vom chilenischen Präsidenten höchst selbst in dessen Dienstzimmer eingeladen und anschließend vor versammelter Presse als Freund des Landes geadelt zu werden? Als Kontrast zu diesem Höhepunkt hat man bewusst nicht darauf verzichtet, auch die Kehrseite der Medaille zu zeigen, konkret im Falle von Drummer Steve, quasi dem Nesthäkchen der Band, der auf seiner ersten großen Welttournee heulend und schluchzend einen Zusammenbruch erleidet. Den Mut das zu zeigen hätten wohl nicht viele Kollegen gehabt, passt doch das Bild vom schwerstens tätowierten Sunnyboy viel besser ins landläufige Klischeebild eines Rockstars.

 

Den Hauptteil dieser DVD/Blu-ray soll aber eigentlich der zweite audio-visuelle Mitschnitt von Placebo darstellen, der die beiden finalen Shows der Tour zeigt, die in der legendären Brixton Academy in London eingefangen wurden. Zwei Abende hintereinander gab man sich im Herbst letzten Jahres in der Wahlheimat die Ehre, im Gepäck Hits aus allen Schaffensphasen, vom uralten „Teenage Angst“ bis zum aktuellen „Bright Lights“ und allem was in Form von „Every You every Me“, „Trigger happy Hands“ (inklusive hunderter von der Hallendecke fallender Luftballons) und dem unverzichtbaren „The bitter End“ dazwischen passiert ist. Musikalisch werden Fans also verwöhnt, während die Optik absolut zur Musik passt, aber leider nicht in HD-Qualität daher kommt. Dafür ist die Beleuchtung meist zu spärlich, wobei den Machern der Sinn scheinbar sowieso mehr nach Vintage-Effekten, denn nach brillanter High-End-Optik stand. Auch große Ansagen gibt es nicht, der Ton macht also sprichwörtlich die Musik. Oder um es anders auszudrücken: Wer tolle Bilder und Geschichten hören will, schaut die Doku „Coming up for Air“, „The Battle for Brixton“ ist hingegen eher zum zurücklehnen und Augen schließen.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de