Pink Floyd "The endless River" / VÖ 07.11.2014

 

 

Es gibt Dinge im Rock N Roll, die gelten als absolut ausgeschlossen. Eine Reunion von Led Zeppelin etwa (von einem Album ganz zu schweigen), eine Nirvana Tour von Dave Grohl, Krist Novoselic, Pat Smears plus Mr./Mrs. X. Gothic Metaller mögen noch eine Rückkehr der vor zehn Jahren begrabenen Sentenced nennen. Alles unmöglich, gewissermaßen in Stein gemeißelt. Bis vor kurzem galt gleiches für eine neue Platte der Prog Giganten Pink Floyd, gerade nach dem Tod von Richard Wright. Jetzt kommt es doch anders, und mit "The endless River" steht tatsächlich eine neue Scheibe im Laden.

 

Und an dieser Stelle können wir gleich ein wenig relativieren, denn neu im Sinne von neu komponiert oder erst kürzlich geschrieben ist "The endless River", dessen Name ein Selbstzitat aus dem Song "High Hopes" ist, nicht. Das Material stammt stattdessen aus der Zeit von "The Division Bell" (1994), ist also satte 20 Jahre alt und wurde für diesen Langspieler nun komplett überarbeitet und neu aufgenommen. Bassist und Sänger Roger Waters (kein Interesse an dem Projekt) fehlt auf dem Album ebenso wie Keyboarder Richard Wright, der bekanntlich 2008 verstarb und dem dieses Album gewidmet ist. Dass "The endless River" trotzdem unter dem Banner Pink Floyd erscheint, ist dennoch legitim, schließlich entstand das Album unter der Ägide von Gründungsmitglied Nick Mason und dem nur wenige Jahre nach der Gründung hinzu gestoßenen David Gilmour, sprich dem Kern-Duo der Prog-Giganten. Gemeinsam mit diversen Studiomusikern entstand so ein knapp 53 Minuten langes Album zum Träumen, das fast komplett ohne Gesang auskommt. Einzig im finalen Track "Louder than Words" ist die Stimme Gilmours zu hören. Alles andere sind weite, überaus stimmungsvolle Klangkollagen, die auf dem Papier auf vier imaginäre Seiten aufgeteilt sind (gewissermaßen entsprechend einer Doppel-Vinyl) und die man am besten unter dem Kopfhörer genießt. Wer sich erstmalig durch diesen nicht endenden Fluss treiben lässt, merkt schnell, dass Pink Floyd hier nicht rocken, sondern viel lieber zum Schwelgen einladen. So gesehen ist das fünfzehnte Album der Briten mehr Ambiente und Soundtrack, denn klassischer Langspieler. Fans werden sich hitzige Diskussionen liefern, ob das hier denn nun große Kunst oder ein seltsames Hirngespinst alter Männer ist. Wenig Diskussion darf es hingegen um Aufmachung und Umfang von "The endless River" geben, denn das Album erscheint neben der normalen CD auch als Deluxe Version wahlweise mit Blu-ray oder DVD, welche das komplette Album noch mal in 5.1. Soundgewand (Dolby Digital/DTS) beinhaltet, wodurch dem Teil noch eine weitere Dimension hinzugefügt wird, wobei es on top auch noch 6 Visualization-Videos zu sehen gibt. Ein High Fidelity Rundumsorglospaket also, das in einer schönen Pappbox samt Fotos und Hardcover-Fotobuch (!) ausgeliefert wird. Bei so viel Futter für Augen und Ohren kann man gerne darüber hinweg sehen, dass das Songmaterial bis auf vereinzelte Passagen nicht neu ist. Muss es aber auch gar nicht sein, denn "The endless River" entfaltet seinen Charme dennoch, klingt unheimlich detailreich und klar und verweigert sich doch auf wunderbare Art und Weise dem Zeitgeist aus schnell zusammen geschusterten Playlisten, Einzel-Song-Downloads und der angeblich schwindenden Relevanz eines Albums als große Einheit und im Optimalfall Gesamtkunstwerk.

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de