Paul Mc Cartney „Kisses on the Bottom“ / VÖ 03.02.2012
Mit
“Kisses on the Bottom” legt Paul Mc Cartney den Grundstein für sein
Spätwerk. Dank namhafter Unterstützung von Stevie Wonder, Eric Clapton
und Diana Krall sollte dabei nicht viel schief gehen. Er stand vor dem
Mikrophon des großen Nat King Cole im Studio A von Capitol Records.
Jenes Mikro also, das den wundervollen Bariton eines der größten
Jazzmusiker des letzten Jahrhunderts einfing. Einschüchternd sei das
alles gewesen, so erzählt Paul Mc Cartney im Booklet seines neuen
Albums „Kisses on the Bottom“. Mann kann Mc Cartney seine Sorgen
wahrlich nicht verdenken, da seine Stimme nun nicht sofort mit
rauchgeschwängertem Jazz assoziiert wird.
Einige
sind bei dem Versuch, Lieder des „Great American Songbooks“ zu trällern
grandios gescheitert, z.B. Rod Stewart oder Bryan Ferry. Die Frage ist:
Scheitert auch der Brite an diesem Vorhaben? Der Mann, der bei den
Beatles möglicherweise schon immer der Einfallsreichste war und
zuständig war für die unfassbare Leichtigkeit selbst komplexerer Songs?
Ich würde sagen er scheitert nicht, da „Kisses on the Bottom“ vor allem
von seiner wundervollen Songauswahl lebt. Neben ein paar Klassikern wie
Harold Arlens „It’s only a Papermoon“ oder Johnny Burkes „My very good
Friend the Milkman“ hat Mc Cartney auch ein paar Obskuritäten wie das
wunderbar beschwingte „Ac-Cent-Tchu-Ate the Positive“, das Arlen
zusammen mit Johnny Mercer schrieb, ausgegraben. Des Weiteren stimmt
auch das ganze Umfeld, die Atmosphäre. Diana Krall und ihre Band
spielen zielsicher und streuen unter anderem wunderschöne
Streicherarrangements ein. Eric Clapton bringt ein paar bedeutsame
Gitarren ein, und Stevie Wonder bläst seine Mundharmonika mit sehr
hohem Wiedererkennungswert auf „Only our Hearts“, einer von zwei
Eigenkompositionen Mc Cartneys.
Alles in allem wirkt das Ganze
auf mich wie ein Projekt, welches man als schnelle Produktion im
Vorbeigehen sehen sollte. Dafür spricht zumindest der hohe Anteil
dessen, was Mc Cartney von den kompletten Arrangements bis zum
Einspielen sämtlicher Playbacks aus der Hand gegeben hat. Es ist eine
schnelle Reminiszenz an die eigene Vergangenheit. Die Zeile „I’m gonna
sit right down and write myself a Letter“ aus dem Titelsong umreißt das
Projekt recht gut. Für Fans von Mc Cartney und der Unterhaltungsmusik
der 20er und 30er Jahre ist das ein Muss. Allen Anderen rate ich
trotzdem in dieses Album rein zuhören, da es sich hervorragend zum
Ausspannen und Relaxen eignet.
Der Richter - www.sounds2move.de