Parkway Drive „Deep Blue“ / VÖ 25.06.2010

 

 

 

Alle Jahre wieder kommt dieser Moment, in dem ein in Mode gekommenes Genre so gut wie tot ist. Anno 2010 trifft dies wohl mehr oder weniger auf den Metalcore und noch spezieller auf den Deathcore zu. Die neuen Bands bringen keine neuen, zündenden Ideen mehr und die alten Bands liefern entweder Alben auf Nummer sicher ab (was man so aber schon zigmal gehört hat) oder sie versuchen sich von ihrem ursprünglichen Stil zu lösen, wie zum Beispiel As I Lay Dying mit ihrem Bretteralbum. Die hohe Kunst für Bands, die noch lange dabeibleiben wollen ist, sowohl die alten Fans nicht mit allzu drastischen Experimenten zu schockieren, aber doch mutig genug zu sein, sich für Neues zu öffnen. Ein ganz schmaler Grat, an dem viele Bands in der Regel irgendwann scheitern. Das Musterbeispiel für Truppen, die das so geschafft haben, sind wohl Iron Maiden oder Slayer. Die klangen nie ganz gleich, aber immer unverkennbar.

 

Was das mit „Deep Blue“ zu tun hat? Nun, Parkway Drive schicken sich an, quasi die Iron Maiden des Deathcores zu werden, denn sie haben auf ihrer aktuellen Platte genau das geschafft, was die großen Helden seit 30 Jahren machen: Sie klingen wie immer, aber trotzdem spannend und erfrischend. Schon der beginnende und von MySpace bekannte Doppelschlag zeigt genau auf, warum Parkway Drive weiterhin nach oben streben. „Unrest“ ist kurz und knackig, mit einer unwiderstehlichen Energie und dann sofort mit dieser typischen Parkway Drive–Stelle, einfach dieser Höhepunkt, auf den es die Band wie kaum eine andere versteht, einen Song hinzukomponieren. Einfach mehrmals „Retrace The Steps“ schreien, schön Hall drauf  und dann der brutale Breakdown, das lässt jedes Fanherz höher schlagen! „Sleepwalker“ steht dem in nichts nach, ist aber stilistisch deutlich anders gelagert. Ein metallischer Headbanger mit sehr melodischem Ende. Große Klasse, wie die Gitarren in der Strophe kurzzeitig aussetzen. „Wreckage“ wird von einem Ohrwurmriff dominiert, „Deadweight“ von einem starken Refrain und dem nächsten typischen Breakdown, bei dem Winston McCall beweisen darf, dass er eines der besten Stimmorgane dieses Genres besitzt und das folgende „Alone“ überragt durch die vielleicht beste Gitarrenarbeit der Bandgeschichte. Ich könnte hier wirklich jeden der 13 Songs abfeiern, „Deliver Me“ könnte ein neuer Bandhit werden, in „Home For The Heartless“ singt Brett Gurewitz von Bad Religion mit, in „Hollow“ Marshall Lichtenwaldt von The Warriors und das abschließende „Set To Destroy“ bestätigt den Titel voll und ganz, der totale Abriss in anderthalb Minuten.

 

Parkway Drive machen genau das, was man erwartet, beziehungsweise sich erhofft hat: Sie haben sich weiterentwickelt, sind noch abwechslungsreicher geworden, klingen aber eigentlich wie immer in noch besser. Dieses Album braucht natürlich wieder 4-5 Durchläufe, bis es komplett zündet, danach will man es nicht wieder ausmachen! Alles wie immer also und das ist auch gut so. Ach, der Sound von Joe Barresi toppt natürlich auch alles, genau so klar wie der von Adam D. auf „Horizons“ aber etwas weniger basslastig. Erste Liga ganz oben!

 

Nils Obergöker www.sounds2move.de / 02.07.2010