Otep „Hydra“ / VÖ 25.01.2013

  

Vor wenigen Monaten haben die Eigenbrötler Otep überraschend das Ende ihrer Aktivitäten angekündigt. Ein letztes Album noch, dann soll Schluss sein, das Ende des Weges ist in Sichtweite. Aber bitteschön mit einem Highlight wolle man sich verabschieden, quasi auf dem Höhepunkt abdanken.

Von der Idee und dem Anspruch her ist das durchaus positiv zu sehen, würde es da nicht bei der Umsetzung haken. Schon der Vorgänger „Atavist“ war ein ziemlicher Brocken, hasserfüllt und lärmorientiert. Kurz gesagt ein extremes Album einer Band, die sich nie verstellt hat. In dieser Hinsicht kann man auch „Hydra“ keinen Vorwurf machen, denn auf die Frage, ob dieses Album authentisch ist kann die Antwort nur lauten: Ja. Aber mitreißend? Selten. Gar essenziell? Nein. Man darf natürlich nicht vergessen, dass es nie Otep Shamayas Intention war, sich anzubiedern oder gar so etwas wie eine Hitmaschine zu werden. Stattdessen gibt es erneut Kopfkino from Hell, teils verstörende Klänge, die an die Atmosphäre von Horrorstreifen wie „The Hills have Eyes“ erinnern. Da wird das Liedgut schnell zum Leidgut, wenn einem „Blowtorch Nightlight“ gefühlvoll wie eine Kreissäge durch die Lauscher rauscht und man sich fragt, wie tief sich Miss Otep ihr Mikrofon in den Rache geschoben haben muss, um ihren Stimmbändern ein derartig entmenschtes Röcheln zu entlocken. Interessanterweise sind die Momente, in denen Otep wirklich hart und brutal zu Werke gehen, überraschend rar gesät. Viel öfter wird teils apathisch geraunt, gewispert und geflüstert, während im Hintergrund ein aufwühlendes Klangwirrwarr für Unbehagen sorgt. So ist man schon nach wenigen Minuten der Meinung, dass hinter jeder Ecke das Grauen lauert. So gesehen verabschieden sich Otep mit einem kleinen bisschen Horrorshow: Viel Atmosphäre also, dafür aber auch verdammt wenig klassisches Songmaterial, da diese Platte eher den Eindruck erweckt, aus Interludes, denn aus richtigen Songs zu bestehen. Und das ist durchaus gewollt, denn geplant ist die Scheibe als Soundtrack zu einer Grafiknovelle, an welcher Otep Shamaya laut eigener Aussage seit zwei Jahren arbeitet. Interessant wäre die Kombination aus Bildern und Musik, die dem Ganzen sicher eine neue Dimension geben würde. Auch einen Kurzfilm, der Geschichte und Musik in audiovisueller Form zusammenbringt, wäre eine spannende Sache. Für sich genommen und allein stehend hinterlässt „Hydra“ jedoch hauptsächlich Fragezeichen auf dem Gesicht des Zuhörers. Man weiß einfach nicht so recht, was man mit diesem Teil anfangen soll und vor allem bei welcher Gelegenheit und aus welchem Grund man es sich anhören sollte. Als Soundtrack erfüllt das hier zweifelsohne seinen Zweck, als klassisches Album zum Kaufen, Einlegen und Anhören hingegen ist „Hydra“ völlig ungeeignet.

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de