Opeth „Pale Communion“ / VÖ 22.08.2014

 


 

Mit ihrem letzten Album „Heritage“ hatten sich Opeth stilistisch ganz neu ausgerichtet. Der Wandel vom modernen Gebräu aus Death-Metal und Progrock hin zum tief in den Siebzigerjahren verwurzelten Prog/Jazzrock/Krautrock-Konglomerat erfolgte damals sehr plötzlich und auch wenn das daraus entstandene Album durchaus ein gelungenes war, hatte man hier und dort das Gefühl, dass Mikael Åkerfeldt und Konsorten vom eigenen Experimentierdrang ein wenig übermannt worden waren. Ganz so wie ein Kind, das sich, anstatt einen Schritt nach dem anderen ins kalte Wasser zu tun, in einem einzigen Akt der Überwindung mit seinem ganzen Leibe hineinwirft, mussten die Schweden im neuen Stil erst noch ihre volle Orientierung gewinnen.
 

Und dazu nahmen sie zunächst einmal alles mit, was ihnen an musikalischen Ideen in den Sinn kam. Das Ergebnis war ein erstaunliches und unterhaltsames, zum Teil aber auch sehr zerstückeltes Werk. Auf „Pale Communion“ zeigen sie, dass sie sich in den neuen Gewässern zurechtgefunden haben und sie nunmehr mit beeindruckender Eleganz durchschwimmen. Die Änderungen gegenüber der vorherigen Platte liegen dieses Mal also eher im Detail, doch all die kleinen Verbesserungen zeigen unter dem Strich eine große Wirkung. Songarchitekt Åkerfeldt hat sein Zauberhändchen wiedergewonnen, mit dem er einzelne Passagen, die vordergründig nichts miteinander zu tun haben, in konsistente, schlüssige Lieder verwandelt. Die allzu ausufernden, nur auf Atmosphäre aufbauenden Schwebepassagen von „Heritage“, an denen sich die Aufmerksamkeit des Hörers schnell aufreiben konnte, finden dabei auf dem neuen Album kaum Entsprechungen. Gut so, denn auch so bietet das Bombardement aus großartigen musikalischen Ideen, das auf „Pale Communion“ entfesselt wird, mehr als genug Abwechslung für viele, viele Hördurchgänge, bleibt aber dank der gestrafften Form stets ein Vergnügen. Daran dürften auch Åkerfeldts Mitmusiker einen großen Anteil gehabt haben, denn es scheint, als habe der Bandchef bei den Arrangements viel Vertrauen in seine Kollegen gesetzt und ihnen noch bessere Entfaltungsmöglichkeiten gewährt. Dies danken ihm alle Beteiligten, insbesondere aber Drummer Axe, mit glänzenden Instrumentalleistungen. Wesentlich mehr Spielraum hat der Liederschmied dieses Mal aber auch seiner eigenen Stimme eingeräumt: So expressiv und vielseitig wie auf dem neuen Album hat Åkerfeldt sein Organ bisher noch niemals eingesetzt und auch wenn mir sein sehr zurückhaltender Stil auf den älteren Alben letztlich nicht weniger zusagt, verleiht er der Musik damit eindeutig eine neue, frische Färbung. Das trifft im Übrigen auch auf den verstärkten und sehr gut auf die Stimmung in den jeweiligen Passagen angepassten Einsatz von Harmoniegesang (neben Åkerfeldt selbst sind hier Gitarrist Åkesson, Keyboarder Svalberg und der auch für den Mix verantwortlich zeichnende Steven Wilson zu hören) sowie die Integration eines Streicherensembles, das den Arrangements auf zweien der Lieder eine zusätzliche Dimension verleihen darf, zu. Ein fantastisches Album!


Florian Gothe - www.sounds2move.de