Oomph! „Rohstoff“ / VÖ 20.07.2007

 

 

Die Niedersachsen Oomph! sprechen gern eine deutliche Sprache. Nicht nur in ihren Texten, sondern auch Abseits der Musik an sich ist vor allem Sänger Dero dafür bekannt ein geschärftes Weltbild zu haben und auch mal Dinge auszusprechen, die andere nur unter vorgehaltener Hand äußern. Vielen wird dazu vor allem die jüngere Vergangenheit und besonders die Single „Gott ist ein Popstar“ in Erinnerung sein, in der man offen anprangerte, dass das Christentum offensichtlich ein Teil der Popkultur geworden ist und ihr Oberhaupt – unser Ratze – weniger ein Geistlicher, sondern viel mehr ein Popstar inklusiver reichhaltigem Merchendise-Angebot ist.

 

Auch die erste DVD aus dem Hause Oomph! zeigt das Trio kommunikativ, wobei vor allem deren Frontmann im Interviewteil des Drehers seine lyrisch-poetische Seite zum Ausdruck bringt. Und zwar indem er junge Musiker zum Verzicht auf Castings und hin zur Gründung einer eigenen Band rät, um mit dieser den Traum des Rockstars anzupeilen: „Es ist besser mit einem eigenen Traum zu scheiten, als den Traum eines anderen zu leben“. Und recht hat der charismatische Stachelkopf, das beste Beispiel dafür ist er selber, der mit einer ehrgeizigen und ambitionierten Band vor 18 Jahren eine beachtliche Karriere startete. Diese hat mittlerweile viele Hits, diverse Auszeichnungen, gut verkaufte Alben und natürlich zahlreiche Shows und Headlinertourneen abgeworfen. Eine dieser Shows, die im Rahmen der „Wahrheit oder Pflicht“ Tour 2006 mitgeschnitten wurde, stellt das Konzert in der Columbiahalle Berlin dar, welche jetzt das Herzstück von „Rohstoff“ bildet. Die Setlist umfasst satte 23 Stücke, die akustisch erstklassig eingefangen wurde, die allerdings von den Schnitten und Kameraeinstellungen ruhig noch eine Spur feuriger hätte ausfallen dürfen. Wer die Band schon einmal live erleben durfte, der kennt natürlich die munteren Animationsspielchen, die Sänger Dero allabendlich mit seinen Anhänger spielt. Singen, Klatschen, Hüpfen, Crowdsurfen – in Berlin ging an diesem Abend einiges. Schön wäre es noch gewesen eben diese Fans häufiger in die Schnittabfolgen zu integrieren. Zur Wiedergutmachung wird der Zuschauer dafür mit großzügigem Dauerfeuer aus alten und (schwerpunktmäßig) neuen Hits belohnt. Wer nach der hochklassigen Setlist immer noch nicht genug von der Band hat, der kann sich an diversen Making-of-Sequenzen, Bandinterviews oder allen (!) bisherigen Videos der Band gütlich tun. So etwas nennt man Service am Kunden. Wenn jetzt noch eine Bandretrospektive, im besten Fall mit alten Fernseh- und Liveauschnitten etc. mit an Board wäre, könnte man sogleich im 7. Himmel schweben. So reicht es „nur“ zu Himmel 6.9 und einem Eintrag mit ganz dickem Sternchen im Klassenbuch der Rockpoeten. Die Geschichte dieser einflussreichen Band in Bild und Ton kann man dann ja immer noch zum 20-jährigen Bandjubiläum nachreichen.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de / 18.07.2007