Norma Jean „The Anti Mother“ / VÖ 05.08.08

 

 

Wenn eine für ihr Chaos bekannte Band plötzlich jenem entscheidenden Merkmal nicht mehr entspricht – ja, was ist sie dann noch? Vielleicht ein ganzes Stück weiter. Stillstand dem Tode, Norma Jean stellen sich gegen sämtliche Erwartungshaltungen und folgen dem auf „Redeemer“ (2006) eingeschlagenen Weg konsequent: Weg vom Chaos, hin zur Melodie.

 

Doch Norma Jean sind keine einfachen Stümper im Plastik-Gewandt, wollen keinen einfachen, melodischen Postcore nach Schema F. Offen ist das christlich-geprägte Kollektiv für alles, nur eben keine Kompromisse: Endzeitliche Todeshymnen der Marke „Discipline Your Daughters“, punkige Nackenbrecher wie „Birth Of The Anti Mother“, aber auch eher einfache Ohrwürmer á la „Robots 3, Humans 0“ sprechen von einer überrascht offenen und dynamischen Handschrift, frischen erneut das Norma Jean-Repertoire um einiges auf. Überzeugen können auch die vielfältigen Gastdarbietungen auf „The Anti Mother“: Deftones-Röhre Chino Morino gibt sich erneut im stimmlichen Wechselspiel die Ehre, Page Hamilton (Helmet) beweißt sich im schier genialen „Opposite Of Left And Wrong“ als exzellente Wahl.

 

Ja, wo stehen Norma Jean Anno 2008? Sicherlich ein wenig zwischen den Stühlen, doch das ist vielleicht auch gut so. „The Anti Mother“ ist vielleicht kein zweites „O’ God the Aftermath“, doch keineswegs ein qualitativer Rückschritt, mehr ein Fortschritt Richtung stilistischer Unabhängigkeit, aber vor allem ein atmosphärisch dichtes, stimmiges und hitdichtes kleines Meisterwerk.

 

Olivier Haas – www.sounds2move.de / 05.09.08