Nightwish „Once“ - Plattenkritik / VÖ 07.06.2004
Nightwish veröffentlichen ein neues
Album und das Motto lautet wieder einmal „Bleibt alles anders“. Wer geglaubt,
oder auch gehofft hat, „Once“ würde ein zweites „Century Child“,
der muss enttäuscht werden. „Ich könnte nie zweimal das gleiche Album
machen, das ist nicht der Stil von Nightwish“ ließ Tuomas vor kurzem im
Interview mit uns verlauten. Und er hat recht. „Once“ klingt anders als
alles was Nightwish bisher gemacht haben, ohne dabei das typische
Nightwish-Flair zu verlieren. Zur großartigen, dichten Atmosphäre trägt auch
das London Sessions Orchestra (incl. Chöre) bei. Auf dem Album vermischen
Nightwish ihren typischen Sound mit symphonischen Klangsphären. Trotz vieler
klassischer Elemente sind die Gitarren härter als je zuvor. Zudem wurde nach
Herzenslust mit neuen Elementen experimentiert. Sogar indische und elektronische
Klänge verwenden Nightwish auf ihrem neuesten Werk, wobei keiner der neuen
Einflüsse irgendwie fehl am Platz wirkt, sondern sich nahtlos ins Klangbild von
„Once“ einfügt. Dennoch werden einige Nightwish-Fans anfangs Probleme haben
sich mit Teilen des neuen Materials anzufreunden. Bestes Beispiel für die neuen
Einflüsse ist der Song „Creek Mary’s Blood“. Der Song, den Tuomas gegenüber
sounds2move.de als den „besten Song den ich jemals gemacht habe“ bezeichnete,
wird begleitet von indianischen Klängen und auch eine waschechte Rothaut gibt
bei diesem Song ein paar Zeilen in seiner Muttersprache zum besten.
Nicht nur dieser Song steht
stellvertreten für die komplexen Songs auf dem neuen Album. Nahezu jeder Song
animiert den Zuhörer dazu, sich mit den Melodien und den Lyriks auseinander zu
setzen um „Once“ auf eigene Faust zu erforschen. Damit haben Nightwish genau
das erreicht, was sie mit ihrem neuen Werk beabsichtigt haben – jeder kann die Songs
auf eigene Weise interpretieren und sich so seine ganz eigene Beziehung zum
Gesamtkunstwerk „Once“ schaffen.
Ein Kontrast hingegen ist die erste
Auskopplung „Nemo“. Hierbei handelt es sich um eine typische Single mit verhältnismäßig
simplem Aufbau, griffiger Melodie und Ohrwurmcharakter. Der Song wird von einem
kurzen Keyboard-Intro eröffnet, welches im ersten Moment an HIM erinnert, dann
aber doch zum Gassenhauer Marke Nightwish mutiert und sicherlich (nach 5.000
Exemplare verkauften Exemplaren in Finnland innerhalb einer Woche) auch in
Deutschland einschlagen wird.
Zum Rausschmeißer „Higher than
Hope“ gibt’s noch ein paar interessante Hintergrundinfos, denn zu diesem
Song inspirierte Tuomas ein mittlerweile an Krebs verstorbener Nightwish-Fan in
den USA. Tuomas besuchte zweimal seine Familie in den Staaten, ohne jedoch den
Jungen zu Gesicht zu bekommen. Dieser wollte nicht aufgrund seiner Krankheit
bemitleidet werden. Bei einem Konzert im Rahmen einer US-Tour kam es dann doch
noch zum Treffen zwischen dem Fan und seinen Helden. Nur zwei Wochen später
verlor der Fan seinen Kampf gegen den Krebs. Tuomas besorgte sich daraufhin eine
Sprachaufzeichnung des Jungen, baute diese als Sample in den Song ein und hat
ihm somit ein kleines musikalisches Denkmal gesetzt.
Wer sich zum ersten mal mit Nightwish
beschäftigt, der sollte wohl eher eines der früheren Werke zum Einstieg
nutzen, denn das neue Material ist wie erwähnt sehr komplex und erfordert eine
hohe Aufmerksamkeit sowie verhältnismäßig hohen Zeitaufwand. Wer sich
allerdings diese Zeit nimmt, bei dem wird dieses Album einen bleibenden Eindruck
hinterlassen.
Markus Rutten – www.sounds2move.de
/ 01.05.2004