Nemesea “Uprise“ / VÖ 29.04.2016

 

 

War das erste Album "Mana" von Nemesea noch ziemlich eindeutig dem in Holland weit verbreiteten Symphonic Metal zuzuordnen, so haben die Groninger im Laufe der Jahre und Alben eine bemerkenswerte Transformation vollzogen. Auf "Uprise" findet diese Entwicklung nun ihren vorläufigen Höhepunkt, hat die mittlerweile nur noch als Trio aktive Band sich inzwischen doch einer Melange aus Rock und Elektro verschrieben, die bei Bedarf mit Einflüssen aus dem Alternative-Bereich nachgewürzt wird. Durch diese Direktive ist das vierte Album der Niederländer vor allem eines: unglaublich eingängig.

 

Speziell die zweite Hälfte von "Uprise" geizt nicht mit Ohrwürmern. Bemerkenswert ist dabei, dass die Songs nicht einfach unbeholfen auf möglichst simple Strukturen geeicht sind, sondern man keinesfalls versucht war eingängig mit billig zu verwechseln. "Can't believe it" setzt zum Beispiel überragende Höhepunkte, sorgt aber auch für die richtige Dramaturgie innerhalb des Stückes und baut die nötige Spannung selbst auf, die sich dann im Chorus und den fluffigen Chören entlädt. Ähnlich hochklassig geschrieben ist die (Pop-) Ballade "Light up the Sky", die sich stringent steigert und einem klar definierten Höhepunkt entgegen strebt. Geschickt wird dabei immer wieder das richtige Verhältnis aus druckvollem Rock und eingängigem, elektronisch geprägtem Pop gesucht ("Forever"), um zur richtigen Zeit auch mal mehrstimmige Passagen einzuflechten. Das kann schon mal gewisse Erinnerungen an Garbage, Coldplay, a-ha oder bei "Get out" sogar Roxette hervorrufen, wird aber bei stilistisch offenen Hörern sehr schnell Anklang finden. Sicherlich wird nicht jeder Fan des Debüts den Weg mitgegangen sein bis zu dieser Scheibe, aber dafür haben Nemesea Mut zur eigenen Identität und bieten dem Hörer einen etwas anderen Sound, anstatt als 400. Female Fronted Symphonic Metal-Band irgendwo unter ferner liefen als Fußnote im Rock ´n´ Roll-Geschichtsbuch zu enden. Diesen Mut kann sich das Trio auch erlauben, denn mit Manda Ophuis hat man eine herausragende Sängerin mit enormer Bandbreite in seinen Reihen, mit der man im Grunde in jedem Genre gut aufgestellt ist. Wenngleich die symphonisch-metallischen Wurzeln gekappt wurden, verstehen sich Nemesea weiterhin in erster Linie als Rockband, selbst wenn das Pop-Appeal der Band noch nie so ausgeprägt war wie im vorliegenden Fall. "Uprise" ist aber nicht nur gut, weil man sich im Handumdrehen auf dieser Scheibe zurecht findet und sie es einem sehr leicht macht, den einen oder anderen Ohrwurm tagelang mit sich herum zu tragen. Es ist die unbekümmerte Luftigkeit, die dieses Album zu einer so einladenden Angelegenheit macht.

 

Da seit dem Vorgänger "The quiet Resistance" fünf Jahre ins Land gegangen sind und im vergangenen Jahr zudem sowohl Keyboarder Lasse Dellbrugge als auch Drummer Frank van der Star (aktuell arbeitet man mit Session-Schlagzeugern) die Band verlassen haben, könnte man vermuten, dass Nemesea intern zu einem gewissen Prozentsatz eine Zäsur hinter sich bringen mussten, um "Uprise" jetzt genau in dieser Form ins Rennen schicken zu können. Das Ergebnis zeigt eine Band, die ihren Weg mit allen positiven wie negativen Konsequenzen gewählt hat und für dieses Risiko durchaus belohnt werden könnte, denn dieses Album bietet diverse Ohrwürmer, ist schön rockig und weder zu handzahm noch zu hart, um potentielle Hörerschichten verschrecken zu können. Ein Album wie ein sonniger Frühlingssamstag: Unkompliziert und mit sich selbst im Reinen.

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de