Negative „Anorectic“ / VÖ 29.09.2006

 

 

Nach beachtlichen Erfolgen in der Heimat Finnland sind Negative vor etwas mehr als einem Jahr auch in Deutschland eingeschlagen. Als „Sweet & Deceitful“ mit etwa einem Jahr Verzug im Vergleich zur Heimat der Band in unsere Regal kamen und die Videos die Musikstationen stürmten, lagen den schüchternen Ladylovern binnen weniger Wochen nicht wenige Mädels im Alter zwischen 14 und 24 sprichwörtlich zu Füßen. Anfang diesen Jahres folgte dann der organisierte Hormonkollaps für so manches weibliche Herz, als man gemeinsam mit The Rasmus und Him durch deutsche Hallen tourte und so manchen Höschen in Verzückung versetzte.

 

Nachdem Negative auf dem Vorgänger noch auffällig oft nur knapp am üblen Kitsch vorbeischrammten, besinnen sich Jonne, Larry und Co. auf „Anorectic“ etwas mehr auf ihrer musikalischen Vorbilder, die sich bekanntlich fast ausschließlich aus dem Glamrock der 80er Jahre rekrutieren. Erfrischenderweise wurden liebliche Keyboardlinien vermehrt durch flotte Riffs ersetzt, ohne dabei auf die extrem eingängigen Melodien und Refrains zu verzichten, die schon „Sweet & Deceitful“ auszeichneten. Herzschmerz-Balladen wie „A Song for the broken-hearted“ oder die ebenfalls gefühlsbetonte erste Single „Planet of the Sun“ entfalten sich außerdem merklich besser, wenn sie sich unter luftige Midtemponummern wie die streckenweise an Bon Jovi erinnernden „Reflections“ und „Sinners Night / Misty Morning“ oder das überraschend raue „Glory of the Shane“ mischen. An möglichen Singles mangelt es dabei wie zu erwarten war nicht, wenngleich die Hitdichte nicht ganz an den Vorgänger herankommt, da sich auch hier und da mal ein eher durchschnittlicher Song auf „Anorectic“ geschlichen hat. Unterm Strich bleibt trotzdem ein überdurchschnittlich gutes Album, das nicht im geringsten so grauenhaft ist wie die Stageoutfits, in denen einige Negative-Mitglieder regelmäßig die Bühne entern. Revival-Look wird halt nur zur Mode, wenn viele Menschen sich mitreißen lassen. Im Gegensatz zu ihren schrillen Kostümen stehen die Chancen zur Massenbegeisterung für Negative mit „Anorectic“ dabei ungleich besser.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de / 26.09.2006