Napalm Death "Apex Predator - Easy Meat" / VÖ 23.01.2015

 

 

 

Es gibt Bands, die schätzt und respektiert man vielleicht weniger für ihre Musik, als viel mehr für ihre Einstellung und das wofür sie stehen. Und das meine ich in keiner Weise despektierlich, sondern will es als Kompliment verstanden wissen. Napalm Death aus Birmingham sind zum Beispiel eine dieser Bands für mich, noch dazu eine, die in Barney Greenway einen extrem intelligenten Frontmann ins Rampenlicht stellt.

 

Barneys Interessen und Themen sind fast immer politisch und gesellschaftskritisch, regelmäßig humanistisch und bisweilen auch durchaus kontrovers. Doch genau damit erfüllt er beinahe schon seine Hauptaufgabe: Er regt zum Nachdenken an. So ist es auch beim mittlerweile 15. Langspieler der Grindcore-Säulenheiligen, der nicht von ungefähr den Titelzusatz "Easy Meat" verpasst bekommen hat. Der Mensch hat sich nämlich in der Tat selbst zur Spitze der Nahrungskette erklärt, er ist von Natur aus Fleischfresser, und in unserer heutigen immer-noch-billiger Gesellschaft kann dieses Fleisch gar nicht günstig genug sein. Wo es her kommt? Zweitrangig, solange es schön billig ist. Was ist drin in deiner Wurst? Eigentlich willst du es nicht wissen, und das Coverartwork unterstreicht dies noch gleichermaßen treffend wie abstoßend. Doch das ist nur ein Aspekt und eine Perspektive. Wer sich mit den Texten im Allgemeinen und den Thema dahinter im Speziellen näher beschäftigt, der findet noch diverse andere mögliche Abzweigungen. Und damit haben wir nur Titel und Titeltrack unter die Lupe genommen. Wie die Sache musikalisch ausschaut? Man möchte sagen entsprechend und erwartungsgemäß. Napalm Death gehen auf Konfrontationskurs und klingen dabei unangenehm und unbehaglich, doch das gehört seit jeher zum Selbstverständnis der Engländer. Man will anecken, verstören, unangenehm sein, was der Titeltrack (gleichzeitig auch Opener) mit apokalyptisch anschwellender Soundwand inklusive eingestreuter, thematisch passender Angstlaute aus dem Schweinestall wunderbar schafft. "Smash a Single Digit" tritt danach die Grind-Hölle los und das mannigfaltige Lärm-Inferno nimmt seinen Lauf. Farin Urlaub würde sagen: Manche nennen es Musik, doch für die Meisten ist es Krach. Übrigens auch für die Engländer selbst, die genau wissen, dass sie nur authentisch sind, wenn sich ein Album wie eine Kettensäge ins Gehirn frisst. Kleine Momente des Verschnaufens erlauben sie sich trotzdem, etwa wenn "Hierarchies" sich zu einem verhältnismäßig melodischen Moment inklusive Gitarrensolo-Quicky hinreißen lässt. Oder mit dem Instrumental "Dear Slum Landlord", gewissermaßen der Nachladepause von "Apex Predator", das ansonsten kompromisslos das Nervenkostüm mit Grind-Crust-Massakern wie "Beyond the Pale" zerfetzt. Wer an der Spitze der Genre-Nahrungskette steht, sollte nach dieser Scheibe jedenfalls einmal mehr geklärt sein.

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de