My Dying Bride „A Line of deathless Kings“ / VÖ 06.10.2006

 

 

Sie sind eine Ausnahmeerscheinung im internationalen Metalgeschäft und sorgen seit nun mehr 16 Jahren mit schöner Regelmäßigkeit für wegweisende Alben im Bereich Doom Metal – My Dying Bride. Auch mit ihrem neusten Streich, der den Namen „A Line of deathless Kings“ trägt, lassen die Engländer die gesamte Konkurrenz ziemlich betröppelt im Regen stehen.

 

Dabei sollten es eigentlich die Schwarzromantiker My Dying Bride sein, die im Regen stehen. Schließlich regieren bei diesem Sextett nicht erst seit gestern Melancholie, Schwermut und Selbstaufgabe. Man ist fast versucht, von Ton gewordener Depression zu sprechen. Dafür ist in erster Linie Sänger Aaron Stainthorpe verantwortlich, der den zähflüssigen Hymnen der Band mit seinen Texten die wesentliche Direktive verleiht. Dabei lässt der Brite übrigens kaum ein Klischee aus: Seit jeher schreibt er seine Texte nachts, bei Kerzenlicht und mit einer Flasche Rotwein. Da passt auch ein Songtitel wie „The Blood, The Wine, The Roses“, wie er auf dem neuen Album zu finden ist,  sofort ins Gesamtbild. Was bei jeder weinerlichen Goth-Pop-Band vor aufgesetzter Lächerlichkeit schreien würde, ist im Falle von My Dying Bride allerdings nichts anderes als großes Kino, frei von jeglichem Kitsch wohlgemerkt. Dabei bleibt besagter Albumabschluss, der den Zuhörer mit einem rauen Death Metal Intermezzo zurück in die Wirklichkeit entlässt, nicht der einzige Volltreffer auf „A Line of deathless Kings“. Ihm zur Seite stehen 8 weitere Songs (Gesamtspielzeit dennoch knapp über eine Stunde!), die allesamt höchsten Ansprüchen genügen und von denen besonders „I Cannot be loved“, „Deeper Down“, „Lamour Detruit“ und der Opener „To Remain Tombless“ für Begeisterung sorgen. Nicht ungewöhnlich ist übrigens, dass Mr. Stainthrope hier und da auch mal abseits seiner Muttersprache wandelt, wie etwa in besagtem Eröffnungsstück, das dezent mit deutschen Textbrocken versetzt wurde. Einen tollen Job hat auch Aushilfsdrummer John Bennett (The Prophecy) geleistet, der mal mit vertrackten Rhythmen und mal mit satten Double-Base-Einsätzen für den richtigen Rahmen sorgt.

 

„A Line of deathless Kings“ ist ein verdammt starkes Album geworden, das auch dem Vergleich mit dem Referenzwerk „The Dreadful Hours“ stand halten kann. Vorsicht ist allerdings trotzdem geboten: Seit jeher machen My Dying Bride das genaue Gegenteil von Easy-Listening und auch dieser Silberling setzt die richtige Stimmung voraus und braucht einiges an Zeit, um zu reifen. Übrigens genauso wie ein guter Rotwein, den man zu „A Line of deathless Kings“ vorzugsweise genießen sollte.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de / 01.10.2006