Mucc "Kuchiki no Tou" - Plattenkritik / VÖ 12.09.2005

Von der Öffentlichkeit noch weitgehend unbeachtet hält das Phänomen Visual Kei in Europa Einzug. Um so erfreulicher also, dass die neue Scheibe "Kuchiki no Tou" von Mucc, einer der Vorreiter des J-Rock, nun auch regulär im deutschen Handel erhältlich ist. "Kuchiki no Tou" ist ein Album der Extreme: ein extremer Mix aus explosivem Rock und Metal, stellenweise sehr atmosphärisch und mit aggressiven Riffs, der einen in die tiefsten Abgründe der Seele führt und mit Trauer, Schmerz, Verzweiflung, Wut, Frust und Aggression konfrontiert.

Scheinbar friedlich beginnt "Kuchiki no Tuo" mit dem gleichnamigen langsamen Instrumentalintro. Aber bereits beim zweiten Song, "Daremo inai ie", geht es mit aggressiven Riffs und einem donnernden Schlagzeug gnadenlos zur Sache und der emotionale Seelenstrip kann beginnen. Verzweiflung, Trauer und Schmerz brechen auf bei Stücken wie "Isho, Mikan no Kaiga" oder "Akatsuki Yami" – Stücke, die bei Herzschmerz oder allgemein melancholisch-depressiver Verstimmung ihre Wirkung nicht verfehlen dürften – Frustration und Aggression bei Songs wie "Garo", "Dakkuu" oder "Kanashimi no hate". Typisch für die Songs ist dabei der melodische, herzzerreißende Refrain, der auch bei vielfacher Wiederholung nicht langweilig wird.

Auffällig ist, dass die für Europäer zunächst exotisch klingende Sprache bereits nach wenigen Songs vertraut wirkt und man sich dabei ertappt, das Booklet mit den Übersetzungen beiseite zu legen, und alleine die Musik, die Gefühle auf sich wirken lässt - und die schießt direkt ins Herz und in den Bauch. Dafür sorgt vor allem auch Sänger Tatsuro mit seiner markanten Stimme, der diese Gefühle in langsamen wie auch schnellen, aggressiven Parts schonungslos offenbart. Mit ausgefeilten Arrangements, mit melodischen Hymnen zu knallharten Riffs und ruhigen Passagen bieten Mucc so auf "Kuchiki no Tou" düsteren, abwechslungsreichen Rock / Metal mit emotionaler Tiefe auf hohem Niveau, das sich vor allem bei mehrmaligem Hören erschließt. Und damit dürften sie Freunde harter und melancholischer Musik gleichermaßen ansprechen. Für den deutschen Markt liegt der CD ein zweites Booklet mit den deutschen Übersetzungen der Texte sowie einer Transkription der japanischen Schriftzeichen in lateinische Buchstaben (romaji) bei. Nach etwas Übung dürfte also auch dem Mitsingen nichts entgegenstehen.

Christine Schams - www.sounds2move.de / 12.01.2006