Motörhead „The Wörld is ours Vol. 2 – Anyplace crazy as anywhere else” / VÖ 21.09.2012

 

 

 

Eines steht fest: Motörhead schwingen sich in den letzten Jahren dazu auf, die Kiss des straßentauglichen Rock ´n´ Roll zu werden. Die hauseigene Spirituosenpalette wird stetig ausgebaut, und auch sonst steigert man zusehends den Umsatz mit allerlei Merchandise-Artikeln. Ok, ganz so bunt wie Gene Simmons, der alte Geldhai, treiben es die Engländer nicht – zumindest ist mir bisher nicht bekannt, dass auch Lemmy und Co. solche „Must-Haves“ wie den viel zitierten Fan-Sarg im Sortiment führen. Dafür macht man scheinbar mit der Ansage ernst, ab sofort in jedem Jahr eine neue DVD an den Start zu bringen.

 

Zumindest hat man schon mal im zweiten Jahr hintereinander einen neuen Teil von „The Wörld is ours“ im Anschlag. Teil 2 trägt den Untertitel „Anyplace crazy as anywhere else“ und zeigt die drei Säulenheiligen des Rock ´n´ Roll diesmal nicht in Chile, sondern unter anderem beim Wacken Open Air, das auch gleichzeitig den Schwerpunkt dieser DVD setzt. Im „Wohnzimmer“ rockt es sich natürlich ganz ungeniert, und so wird Motörhead die standesgemäße Kulisse geboten, um zwischen den üblichen Verdächtigen auch neues Material wie „I know how to die“ und das fulminante „Get back in Line“, oder eher Rares wie „Just cos you got the Power“, das Lemmy allen Politikern widmet, über den Acker zu blasen. Das macht – Abnutzungserscheinungen beim ein oder anderen Evergreen hin oder her – immer noch Laune, zumal das Trio erwartungsgemäß zur besten Sendezeit auf die Bretter darf. Beim Sonisphere Festival in England (mit sechs Songs vertreten) ist es hingegen noch hell, als die Herren auf die Bühne müssen. Für eine spezielle Atmosphäre sorgt dabei eine kurze Ansage von Lemmy, die noch vor dem ersten Song kommt und in welcher der Frontmann die Fans wissen lässt, dass nur einen Tag vor dem Konzert der langjährige Bandkollege Würzel im Alter von 61 Jahren einem Herzinfarkt erlegen ist. Ihm ist dann auch gleich die komplette Show gewidmet, die zudem mit einer Gastdarbietung bei „Killed by Death“ aufwartet, da sich zwei Tänzerinnen am Bühnenrand als Animateurinnen und Feuerspuckerinnen betätigen. Das Adlerauge des Redakteurs muss dabei feststellen, dass eine der Damen niemand geringere als Amber Erlandsson ist, ihres Zeichens Ehefrau von Adrian Erlandsson (Ex-At the Gates, Paradise Lost) und Sängerin bei Nemhain. Zu erkennen an den Tattoos der Dame, die – hier ein Hinweis in eigener Sache – gemeinsam mit ihrem Gatten im Tattoobuch „Under the Skin of Rock ´n´ Roll II“ der s2m-Schreiber Rohner, Rutten und Bertolotti zu finden ist. Wie klein doch manchmal die Welt ist. Besonders für eine Band wie Motörhead, die zum Abschluss auch noch fünf Songs vom weltbekannten Rock in Rio Festival aus dem Zuckerhut zaubern, in dessen Rahmen natürlich „Going to Brazil“ keinesfalls fehlen darf, was Lemmy schon bei der Ansage des Stücks ein schmunzelndes Grinsen entlockt. Unglücklicherweise bieten weder Sonisphere noch Rock in Rio abgesehen von der Kulisse irgendwelche Exklusivitäten, finden sich doch ausnahmslos alle Songs auch in der komplett enthaltenen Wacken Setlist. Dass man sich auch mit „The Wörld is ours Vol. 1“ das allermeiste Liedgut teilt, macht die Sache umso ärgerlicher. Wie gesagt: Spaß macht die Sache trotzdem, aber über Sinn und Unsinn einer jährlichen DVD-Veröffentlichung, bei der sich neben dem Schauplatz und dem Bonus-Content fast nichts ändert, muss noch einmal gesprochen werden.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de