Motörhead "Aftershock" / VÖ 18.10.2013

 

 

 

Bereits seit Jahren wird in regelmäßigen Abständen über ein Lemmy-Soloalbum gesprochen (inklusive dem Wunsch des Protagonisten, ein Duett mit Skin von Skunk Anansie aufzunehmen), und jüngst kam auch noch eine feurig geführte Diskussion über den Gesundheitszustand der Motörhead-Ikone mitsamt sämtlicher verfügbarer Schwarzmalerei hinzu, befeuert von einer ganzen Reihe von abgesagten (oder abgebrochenen) Shows. Zum Glück klopft jetzt "Aftershock" an die Tür, sodass Motörhead wieder mit ihrem Kernthema für Schlagzeilen sorgen können: frischem Stoff vom Rock-Olymp.

 

Der neue Teller hat durchaus das Potential, die zuletzt düsteren Wolken und Prophezeiungen beiseite zu schieben, denn im Grunde kann man nur lobende Worte über "Aftershock" verlieren. Das Trio Kilmister/Dee/Campbell hat nicht zuviel versprochen und ein überdurchschnittliches und abwechslungsreiches Scheibchen eingezimmert, welches für längere Zeit hervorragend unterhält. Daran ist auch der mancherorts schon für halbtot erklärte Lemmy nicht ganz unschuldig, denn auf seine alten Tage versucht das britische Original noch einmal alles aus seinen Stimmbändern herauszukitzeln. Dabei heraus kommt etwa der Versuch, "Dust and Glass" möglichst lieblich und klar zu singen oder dem seinem Namen alle Ehre machenden "Lost Woman Blues" einen regelrecht beschwingten Unterton zu verleihen. Wohlgemerkt alles in Relation zum gern gerittenen Klischee, Mr. Kilmister würde sich ausschließlich aufs Knarzen und Bellen verstehen, was nachweislich nur die halbe Wahrheit ist. Wunderdinge sind natürlich nicht zu erwarten, aber meckern kann man auch nicht, denn The Lem zieht sich achtbar aus sämtlichen Affären. Wie könnte man auch, wenn einem das oberlässige "Do you believe" entgegen geschossen wird oder "Keep the Powder dry" veranschaulicht wie schweinecooler Rock ´n` Roll-Groove zu klingen hat. Statt wie in einem bekannten Band-Klassiker geht es diesmal übrigens nicht nach Brasilien, sondern zur Abwechslung nach Mexiko ("Going to Mexico"). Noch griffiger ist allerdings die erste Auskopplung "Heartbreaker", die - und dafür muss man kein Prophet sein - definitiv ihren festen Platz im Set der kommenden Tour bekommen wird. Wenn dann auch noch Spielzeit für den Vollgas-Kracher "End of Time" übrig bleiben sollte, umso besser.

 

Dem britischen "Classic Rock" Magazin hat Lemmy kürzlich in einem Interview verraten: "Wenn ich morgen sterben würde, könnte ich mich nicht beschweren. Es war ein gutes Leben". Damit hat er sicherlich recht und es gäbe weiß Gott schlechtere Alben als "Aftershock", um abzudanken. Aber bis dahin ist es hoffentlich noch ein langer Weg. Jetzt hat Lemmy erst noch mal einen schönen Werbeslogan zum Album in seiner ganz persönlichen, unnachahmlichen Art für uns parat: "Steal it if you must, buy it if you can!". Dem ist nichts hinzuzufügen. Denn der Mann hat recht. Wie eigentlich immer.

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de