Morning "Hour of Joy" - Plattenkritik / VÖ 12.09.2005
Was haben Within Tempation, After Forever, The Gathering, Epica, Autumn und auch Orphanage
gemeinsam? Nach kurzem nachdenken wird wohl jede die Antwort haben, dass bei den genanten Bands jeweils eine Frau hinterm
Mikro steht und dass sie alle aus den Niederlanden stammen. Und nun fragen sich sicher einige, was haben diese Band mit
Morning zu tun, deren Debüt Hour of Joy hier besprochen werden sollte. Nun Morning kommen auch aus den
Niederlanden und auch hier übernimmt eine Frau den Gesang, was der Band in anbetracht der Konkurrenz sicherlich keine
Originalitätspunkte einbringt. Doch geben wir der noch jungen Band eine Faire Chance, spendieren dem Debütwerk ein paar
Durchläufe und entscheiden dann über Sein oder Nichtsein von Morning.
Es ist teilweise gar nicht leicht ein Debütwerk zu beurteilen, da erstens die Band darauf nur
selten ihr volles Potenzial entfalten kann und zweitens man oft auch über vorhandene Mängel stolpert, die halt bei einer noch
jungen Band gang und gäbe sind. Und auch bei Morning gibt es den einen oder anderen Kritikpunkt zu finden, wobei jene
teilweise vom vorhandenen Potenzial der Band überdeckt bzw. ausgeglichen werden. So verfügt Sängerin Saskia van Heugten zwar
über eine gute Stimme, aber sie vergreift sich ab und zu in der Tonlage, und ein wenig mehr Ausdruckskraft würde auch nicht
schaden. Jedoch muss angemerkt werden, dass sich die Sängerin wirklich ins Zeugs legt, nicht versucht wie der tausendste
Sharon de Adel oder Tarja Turunen Klon zu klingen, sondern eher eine natürliche Stimmlage bevorzugt. Am ehesten könnte man sie
mit Floor Jansen (After Forever) vergleichen, wobei natürlich "noch" nicht die Klasse von Frau Jansen erreicht wird.
Auch die Instrumentalfraktion gibt sich im Grunde reichlich Mühe, versucht die Songs mit verschiedenen Tempowechseln spannend
und abwechslungsreich zu gestalten, wobei auch vor Progressiven Einschüben und leichten 70er Jahren Anleihen nicht halt
gemacht wird. Jedoch fehlt es ein wenig an der letzten zündenden Melodieführung, um einen Song zum Ohrwurm zu erheben, so
dass sich die einzelnen Stücke nicht wirklich in den Gehörgängen festsetzen. Trotzdem muss man Morning ein geschicktes
Songhändchen attestieren, da die Band gar keinen Wert auf einen oberflächlichen Ohrwurm zu legen scheint, sondern sich lieber
an sperrigen und anspruchsvolleren Songstrukturen versucht. Dies hat auch zur Folge, dass sich Hour of Joy einem nicht
beim ersten Hördurchgang erschließt, sondern nach mehrmaligem Anhören verlangt. Erst dann entfaltet sich dieses Album, werden
einem die verschiedenen Details offenbart, was wiederum für das vorhandene Können von Morning spricht. Man merkt dem
Album an allen Ecken und Enden an, dass in Morning noch einiges an Talent und Potenzial schlummert und dass auch der
Wille vorhanden ist, jenes in Zukunft im vollen Umfang zu nutzen. Im anbetracht von diesem mag man es der Band auch verzeihen,
dass sie sich mit dem letzten Track an einem Cover des Queen Klassikers The Show must go On vergriffen haben. Denn egal
wie gut man als Bands ist, wie hoch man sein eigenes Selbstbewusstsein einschätzt, man darf sich NIE an einem Queen
Song versuchen, da dies der blasphemischsten Gotteslästerung gleichkommt.
Fassen wir also kurz zusammen und halten fest, dass Morning mit Hour of Joy
einen sehr akzeptablen Einstieg vorlegen können. Sicherlich muss die Band noch an sich Arbeiten, die vorhandenen Mängel
ausbügeln und an der eigenen Identität feilen, wobei der Schritt in die richtige Richtung mit dem Debüt schon getan ist. So
bleibt unterm Strich ein Grundsolides Album, mit einigen Stärken und Schwächen, das man sich aber trotzdem anhören kann.