Moonspell "Alpha Noir" / VÖ 27.04.2012

 

 

 

Moonspell sind zurück. Nach vier Jahren Sendepause, in denen Portugals Aushängeschild in Sachen Dark Metal nur live präsent war, gibt es nun wieder ein in Vinyl oder wohl eher Makrolon gepresstes Lebenszeichen. Im Prinzip sogar zwei – und hier beginnen die Probleme, die ich mit dieser Review habe. Denn seitens des Labels Napalm Records wird „Alpha Noir“ als das offizielle neunte Studio-Album der Band vermarktet. Dementsprechend liegen mir auch nur diese neun Tracks zur Bemusterung vor. Wenn man allerdings die Interviews mit Moonspell-Mastermind Fernando Ribeiro verfolgt, so sieht er das gleichzeitig erscheinende „Omega White“ als gleichberechtigte zweite Hälfte eines Gesamtwerkes. „Omega White“ wird aber nur als Bonus zur Digipack-Edition von „Alpha Noir“ veröffentlicht. Somit wird das Konzept, dass die metallische Seite von Moonspell auf „Alpha Noir“ zur Geltung kommt und die Gothic Vorlieben auf „Omega White“ ausgelebt werden, etwas ad absurdum geführt. Wie ein Sportreporter, der nur die erste Hälfte eines Fußballspiels kommentiert, muss ich also meine Kritik des neuen Moonspell-Werkes auf einen Teilaspekt beschränken.

Es ist nicht so, dass „Alpha Noir“ für sich genommen nicht funktionieren würde: neun Songs mit einer Spielzeit von gut 40 Minuten, die die Band allerdings so metallisch zeigen wie nie zuvor. Es werden zwar keine neuen Härterekorde verzeichnet – im Gegenteil, der Vorgänger „Night Eternal“ war teilweise deutlich brachialer –, aber es fällt doch ziemlich puristisch aus. Die Keyboards auf ein Minimum beschränkt, Chöre oder weibliche Gesänge sucht man vergebens, und auch Fernandos charismatische, klare Stimme kommt nur sehr sporadisch zum Einsatz. Letzteres will ich durchaus als Manko verstanden wissen, denn das dynamische Wechselspiel zwischen beiden Gefühlslagen war immer eine der Stärken der Band, insbesondere auch auf den beiden ersten Longplayern „Wolfheart“ und „Irreligious“, die man sonst am ehesten als Vergleichswerte für „Alpha Noir“ heranziehen kann. So greift „Lickanthrope“, zu dem auch ein stimmungsvolles Video gedreht wurde, die Werwolf-Thematik wieder auf. Den Song kann man als echtes Highlight bezeichnen mit seinem geschickt eingesetzten Wolfsgeheul und dem ohrwurmverdächtigen Refrain. Sicherlich ein Stück, das auch live gut funktionieren wird. Ebenfalls bemerkenswert ist der Titeltrack, dessen Riff sogar von Ministry hätte stammen können oder das Portugiesisch gesungene „Em Nome De Medo“. „Love is Blasphemy“ ist der wohl rockigste Song seit „...of Dream and Drama (Midnight Ride)“, und „Grandstand“ liefert noch einmal die Moonspell-Vollbedienung samt einprägsamen Chorus.

Für Fans der Band lohnt sich „Alpha Noir“ in jedem Fall. Unter dem Strich ist es aber dann doch etwas zu wenig, um in euphorische Begeisterungsstürme auszubrechen. Allerdings kenne ich wie gesagt bislang nur die eine Seite der Medaille. Überflüssig zu sagen, dass man nach dem Digipack Ausschau halten sollte, in dem beide Scheiben enthalten sind.

Alexander Dontscheff - www.sounds2move.de



Die charismatischen Portugiesen um Frontmann Fernando Ribeiro haben eine beeindruckende Karriere hinter sich. Mit „Wolfheart“ und „Irreligious“ haben sie zeitlose und anbetungswürdige Klassiker des gothischen Metals erschaffen. Werke, die zig Jahre nach Veröffentlichung rein gar nichts von ihrer Qualität und ihrem Charme eingebüßt haben.

Wie viele andere Bands auch – z.B. Paradise Lost – haben Moonspell während ihrer Laufbahn immer wieder ihren Stil modifiziert und ausgebaut, so dass Fans der allerersten Stunde bei Alben wie „The Butterfly Effect“ erst einmal irritiert aufgeschaut haben, da es sich vom ursprünglichen Stil der Band massiv entfernt hatte – auch wenn die ursprünglichen Moonspell immer wieder durchlugten. Seit „Darkness & Hope“ aus dem Jahre 2001 begeben sich Moonspell aber wieder auf ihren alten Pfad zurück und überzeugen durch die Bank mit geilen Alben. Auffällig ist dabei meiner Meinung nach der immer stärker werdende schwermetallische Anteil an der Musik. Vorläufiger Höhepunkt war dabei „Night Eternal“ aus dem Jahre 2008.

Anno 2012 haben Moonspell die symphonische Schlagseite des „Night Eternal“-Albums reduziert und den Metal-Anteil einmal mehr erhöht. So knallt der mächtige Opener „Axis Mundi“ mit seiner intensiven Gitarrenarbeit und aggressiven Drums jegliche Symphonie einfach weg. Fernando Ribeiro röhrt wie ein wild gewordener Derwisch und verzichtet größtenteils auf seine angenehme klare Stimme. Keyboards werden nicht federführend, sondern nur unterstützend eingesetzt, der Schwerpunkt liegt auf Gitarren und donnernden Drums. „Lickantrope“, eine neue Hommage an die Wölfe, steht dem Opener in nichts nach. Natürlich ist dieser Song ein Stückweit verkitscht und spielt mit Klischees. Diese sind übrigens perfekt im dazu abgedrehten Video zu bestaunen.

„Versus“ ist ein verhältnismäßig minimalistisches Stück Metal, bei dem Moonspell sehr gradlinig und songdienlich agieren. Nach langer Zeit singen Moonspell auch endlich mal wieder auf Portugiesisch („En Nome Do Medo“). Dieses Stück gehört für mich zu den besten des Albums, da metallische Härte auf atmosphärische Keyboards trifft und einen spannenden Kontrast bildet, der die Musik nach vorne treibt. „Love is Blasphmey“ rockt mit einem ziemlich fiesen Riffing stur nach vorne und überzeugt mit einprägsamem Refrain.

Schade ist lediglich, dass das Album nach 40 Minuten endet. Andererseits habe ich lieber 40 intensive Minuten, als 20 weitere Minuten Füllmaterial.

Gelegentlich ernten Moonspell im Internet massive Kritik für dieses Album, da die Jungs zum einen ihren eigentlichen Stil wieder verlassen würden und zum anderen die Stärken von „Night Eternal“ nicht ausreichend fürs Songwriting von „Alpha Noir“ ausnutzen.

Diese Kritik ist in meinen Augen ziemlicher Käse, da Moonspell eigentlich nur das machen, was sie immer tun: Sie haben eine musikalische Basis, auf der sie sich von Album zu Album in anderer Form erfolgreich (!) austoben. Genau deshalb kann diese Band so vielfältig agieren und dennoch typisch Moonspell sein. Von meiner Seite aus bleibt nur zu sagen, dass ich „Alpha Noir“ richtig klasse finde und darin einen Jahreshöhepunkt sehe.

Christian Stiewe - www.sounds2move.de