Ministry „Rio Grande Blood“ / VÖ 05.05.2006

„Schöner wohnen ohne Drogen“ – zu dieser Erkenntnis kam vor einigen Monaten Ministry-Mastermind Al Jourgensen. Seitdem ist der Mann kaum zu stoppen. Binnen kürzester Zeit veröffentlicht der erklärte Bush-Gegner ein neues Album mit seinem Projekt Revolting Cocks, mit 13th Planet wurde das eigene Label gegründet und nach dem Best-of „Rantology“ (Inkl. des Grammy-nominierten „The Great Satan“, das in neu gemischter Form auch auf „Rio Grande Blood“ zu finden ist) erscheint nun knapp ein Jahr später das neue Studioalbum „Rio Grande Blood“. Auf zu neuen Ufern?

Nicht unbedingt, denn das Industrial-Rad wird auf dem neuesten Output des Texaners erwartungsgemäß nicht neu erfunden. Dafür kehrt Jourgensen zu den alten Tugenden des Industrial zurück und erhebt nach seinem legendären Album „Psalm 69“ erneut den politisch engagierten und nicht gerade wohlwollenden Zeigefinger gegen George Bush. Im Falle von „Rio Grande Blood“ allerdings gegen den Junior, nachdem im Jahre 1992 dessen Vater und damaliger US Präsident die musikalischen Zähne Jourgensens zu spüren bekam. Die Message des Albums ist eindeutig zu erkennen und dennoch wird mit Wortspielen und Doppeldeutigkeiten nur so um sich geworfen, wie etwa bei Songtiteln wie „Yellow Cake“ (waffenfähiges Plutonium). Dass der passionierte Bartträger alles andere als zufrieden mit der Politik des derzeitigen republikanischen Landesvater ist schlägt sich dann auch deutlich auf die Musik nieder. Jourgensen keift, schreit und tobt hinter dem Mikrofon wie ein tollwütiges Rumpelstilzchen und liefert die vielleicht aggressivsten Gesangspassagen seiner gesamten Karriere ab. Entsprechend ist auch die musikalische Umrahmung. Hart, schnell, kalt und immer wieder von Samples durchzogen, die George Walker Bush das Wort im Munde verdrehen und ihn so interessante Sätze wie „I am a brutal dictator“ oder „i am an asshole“ sagen lässt“ – der modernen Technik sei dank.

Verstärkt wurde „Alien Jourgensen“, wie er sich in den Credits des Albums selbst nennt, durch seine neuen Mitmusiker Tommy Victor (Prong) und Paul Raven (Killing Joke) sowie die Gäste Jello Baifra (Ex-Dead Kennedys), der Gesangslinien zu „Ass Clown“ beigesteuert hat und den Marine-Drill-Sergent Major, dessen „motivierende“ Ansprachen den Track „Gangreen“ aufwerten. Die Live-Crew für die anstehende „MasterbaTour“ wurde neben Victor und Raven zusätzlich mit Slipknot / Murderdolls Drummer Joey Jordison hochkarätig aufgewertet und lässt auf große Auftritte in diesem Sommer hoffen. Vorher kommt noch mal eben das stärkste Album seit dem Genre-Meilenstein „Psalm 69“ in die Läden. Wenn das mal keine goldenen Zeiten für Industrial-Jünger sind, dann weiß ich es auch nicht.

Markus Rutten – www.sounds2move.de / 01.05.2006