Metsatöll “Äio” / VÖ 26.03. 2010

 

 

Die Esten sind wie alle Balten ein sehr sangesfreudiges Volk. Die Tradition der Sängerfeste geht bis ins 19. Jahrhundert zurück. Musik war dort auch immer Ausdruck der eigenen kulturellen Identität und Mittel im Kampf um nationale Souveränität. Authentische und ursprüngliche Musik hat in diesen Ländern daher eine wesentlich größere Bedeutung als hierzulande.

 

Metsatöll kommen aus Estland, und man hört ihrem Folk/Pagan Metal diese Ursprünglichkeit in jeder Minute an. Mit „Äio“ veröffentlichen die vier Jungs aus Tallinn nun ihr viertes und mit Abstand bestes Album. Hatte ich zuvor mit den Studioalben der Band so meine Anlaufschwierigkeiten – dagegen ist das zusammen mit dem Nationalmännerchor Estland aufgenommene Live-Album „Curse upon Iron“ ein wahrer Geniestreich – hat mich der neue Rundling wirklich überzeugt. Mit „Tuletalgud (Feast of Fire)“, „Minu Kodu (My Home)“ und „Jõud (Might)“ sind gleich drei echte Ohrwürmer am Start. Die Musik ist sehr folkorientiert, und mit den vielen einschlägigen Instrumenten wie Dudelsack, Flöte oder Maultrommel weiß man genau die Stimmung zu erzeugen, die man von so einer Platte erwartet. Prägnant sind auch die mehrstimmigen Gesänge – neben den rauen aber nicht allzu harten Leadvocals - , weswegen der Vergleich zu den lettischen Nachbarn Skyforger auf der Hand liegt. Allerdings gehen Metsatöll dabei wesentlich softer zu Werke. Korpiklaani ist daher ein weiterer Vergleichswert. Hier setzt auch mein einziger Kritikpunkt an: Lieder wie „Vaid Vaprust (Only Bravery)“ sind mir dann doch etwas zu dudelig. Allerdings sind bei 14 Songs auf über einer Stunde Spielzeit einzelne Aussetzer oder Füller durchaus zu verschmerzen.

 

Die selbstverständlich auf Estnisch (klingt dem Finnischen sehr ähnlich, aber mit slawischem Einschlag) gesungenen Texte könnten für den ein oder anderen eine Hemmschwelle bedeuten. Denn „Kus on minu kodu, seal on minu süda, kus on minu kodu, seal on minu hing“ geht einem natürlich schwerer von den Lippen als „Happy little, Happy little, Happy little boozer...“. Doch für einen weltoffenen Metaller – und das sollte man gerade als Pagan- und Folk-Metal-Fan sein, kann gerade dieses exotisch-authentische Element einen zusätzlichen Bonus bedeuten. Für Genre-Freunde spreche ich daher eine uneingeschränkte Kaufempfehlung aus.

 

Alexander Dontscheff - www.sounds2move.de / 31.03.2010