Meat Loaf „Live at Rockpalast“ / VÖ 06.11.2009

 

 

 

Wie jeder Rockfan weiß, ist der WDR Rockpalast eine regelrechte Institution in Sachen harter Klänge im öffentlich rechtlichen Fernsehen – und das nicht erst seit gestern. Aktuell erscheint mal wieder eine Perle aus den endlos scheinenden Archiven der Macher. Held des Abends: Meat Loaf, der anno 1978 sein erstes Deutschlandkonzert hatte mitschneiden lassen.

 

Bevor man überhaupt die Gelegenheit dazu bekommt sich über die Mode von damals lustig zu machen - in welcher Epoche (abgesehen von den sprichwörtlichen Glanztagen von Mötley Crüe und Poison) durften heterosexuelle Männer schon derart ungeniert mit hochhackigen Schuhen über eine Bühne stapfen? – sorgt der englischsprachige Ansager für den ersten Schmunzler des Abends und begrüßt die vollbesetzte Stadthalle Offenbach mit einem inbrünstigen „Hello Frankfurt!“. Damit hat der gute Mann gleich auf beiden Seiten des Mains verschissen (und das nur auf einer Seite zu recht, wie wir hoffentlich alle wissen). Doch zurück zum wesentlichen, nämlich der wenig sensationell „Live at Rockpalast“ benannten DVD. Deren Bildqualität ist auf den ersten und auch auf den zweiten Blick nicht die allerbeste. Doch geschenkt, denn wir haben es hier immerhin mit einem über 30 Jahre alten Zeitdokument zu tun. Dafür ist zum Glück der Ton überraschend klar und wohlklingend, was dem bisweilen etwas verwaschenen Bild bezogen auf die Gesamtqualität dieses Werkes den Rücken frei hält. Und viel gibt es zu Beginn ohnehin nicht zu sehen, denn auf der von rotem Licht erfüllten Bühne taucht der Maestro selbst erst nach einigen Minuten auf, um dann ein paar Augenblick leicht lang psychopathisch anmutende Blicke in die Halle zu werfen. Spätestens mit dem ersten gesungenen Ton weiß dann jedoch jeder warum dieser korpulente Sänger mit den fettigen Haaren seit über 30 Jahren Erfolge feiert und für eine ganze Reihe absoluter Klassiker verantwortlich ist. Zum Zeitpunkt dieser Aufzeichnung wurde einer davon gerade ausgiebig betourt, nämlich das große „Bat out of Hell“-Album, welches übrigens ein Cover ziert, das Joey DeMaio wahrscheinlich noch heute die Freudentränen in die Augen treibt. Die Stimme des Hauptakteurs ist und war schon damals über jeden Zweifel erhaben, denn das Timbre Meat Loafs ist gleichermaßen kraftvoll wie unverwechselbar. Hinzu kommt das Songwriting mit einem kaum zu übertreffenden Händchen für Dramaturgie, wie es neben Jim Steinman nur noch sehr wenige Rock-Komponisten besitzen. Apropos Dramaturgie: Wer zu Hits wie „You took the Words right out of my mouth“ und „Two out of three ain’t bad“ eine große Bühnenshow erwartet, der ist gehörig auf dem Holzweg, denn die Bühne ist abgesehen von den Musikern verdammt kahl. Langweilig wird einem auf dem Sofa dennoch nicht, denn dieser Auftritt erhält seinen theatralischen Geister von der Mimik und dem Zusammenspiel von Meat Loaf und seiner weiblichen Gesangspartnerin Karla DeVito, die auch ohne etwaige Aufbauten die Zuschauer in ihren Bann ziehen. Mit ihnen auf der Bühne standen seinerzeit übrigens auch die Brüder Bob und Bruce Kulick, die besonders Kiss-Fans durchaus ein Begriff sein sollten.

 

Richtig in den Fingern jucken wird „Live at Rockpalase“ vor allem Fans des Schaffens von Jim Steinman / Marvin Lee Aday, so der bürgerliche Name des singenden Hackbällchens. Unbestritten braucht man eine Vorliebe für die mit offensichtlichen Musical-Querverweisen versehene Musik und die extrovertierte Darstellungsform wie sie auch auf dieser DVD geboten wird, um mit diesem Teil, das als Bonus noch ein interessantes Interview bietet, glücklich zu werden. Für mich persönlich ist Meat Loaf jedenfalls mein liebster Übergewichtiger im Showbiz nach Homer Simpson, allerdings hat Meaty im direkten Vergleich stimmlich knapp die Nase vorn.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de / 09.11.2009