Månegarm “Månegarm“ / VÖ 20. 11.2015

 

 

20 Jahre Månegarm – wenn das kein Grund zum Feiern ist. Und überraschenderweise handelt es sich bei dem jetzt im Handel erhältlichen, selbst betitelten Album nicht etwa um ein Best of, sondern um das achte reguläre Album der schwedischen Viking Metal Helden. Dass man bei den Jungs aus Norrtälje immer auf Überraschungen gefasst sein darf, ist bekannt. Und auch auf „Månegarm“ gibt es gleich mehrere zu verzeichnen. Zum einen wären da die auf dem Vorgänger „Legions of the North“ fast komplett verschwundenen schwedischen Texte. Diese sind nun wieder äußerst dominant, was einen „Schwedophilen“ wie mich sehr glücklich macht. Zum anderen ist da die musikalische Ausrichtung. War der Vorgänger zum Teil sehr brachial, so sind die Black Metal Ursprünge der Band heuer auf ein Minimum reduziert. Eigentlich sind sie nur noch in einem der Bonussongs auf dem Digipack zu finden. „Månljus“ (Mondlicht) stellt nämlich den allerersten Månegarm-Song überhaupt dar, der nun erstmals auf Tonträger gebannt wurde. Statt schwarzmetallischer Härte dominiert diesmal die nordische Folklore, und das in einem Maße wie man es seit der legendären „Urminnes Hävd“ EP nicht mehr gewohnt war. Eine weitere Überraschung ist die Eröffnung des Albums. Einen sperrigen Achtminüter als Opener, im folkig angehauchten Midtempo angesiedelt – Respekt! „Blodörn“ (Blutadler) beschreibt dabei die Gefühlslage eines zum Tode durch diese etwas unappetitliche Hinrichtungsart (nicht zuletzt bekannt aus der TV-Serie „Vikings“) Verurteilten. Sehr eindrucksvoll. Schon beim zweiten Song „Tagen av Daga“ muss man dann unvermittelt losbangen. Vorantreibendes Uptempo mit melodischen Gitarren, dominanten Geigen und unwiderstehlichen Chören. Den Dudelsack und Klargesang im Mittelpart gibt es obendrauf. Der erste englischsprachige Song „Odin owns ye all“ setzt dann die „Sons of War“ Tradition vom Vorgänger fort. Ein extrem eingängiges, schnelles Running Wild Riff und ein Chorus, den man schon beim ersten Hören mitgröhlen kann. Live sicher eine Bank. Es folgen gleich zwei akustische Folk-Nummern, bei denen nicht nur Erik Grawsiö beweisen kann, dass er den einfühlsamen klaren Gesang beherrscht, sondern bei denen auch Gastsängerin Ellinor Videfors zum Einsatz kommt. Nach Umer Mossige-Norheim und Stina Engelbrecht also erneut ein neues Gesicht auf diesem Posten. Doch die Neue kann überzeugen. Ergänzt sie bei „Blot“ (Opferfest) nur Grawsjös Ausführungen über ein Menschenopfer (um frischen Wind in die Segel zu bekommen), gibt es bei „Vigverk – del II“ einen beherzten Wechselgesang und auch Duette. Bei letzterem handelt es sich wie der Name schon sagt um die Weiterführung des akustischen Zwischenspiels vom Vorgänger, diesmal zu einem kompletten Song ausgebaut. Bei „Call of the Runes“ darf wieder fleißig gebangt werden. Neben melodischen Riffs wird hier mal ein wenig aufs Gaspedal gedrückt und auch der Mitsing-Chous darf nicht fehlen. Der ruhige Akustikpart im Mittelteil kann ebenfalls einiges. Folkiges Midtempo liefert in der Folge „Kraft“, eine Nummer, bei der sich auch ein paar an Bathory erinnernde Gitarrenparts eingeschlichen haben. Und wenn am Ende leicht das Tempo angezogen wird, ist Mittanzen eigentlich Pflicht. Danach werden die Berserker losgelassen („Bärsärkarna från Svitjod“) - allerdings wiederum nur auf Geige und Akustikgitarre – und vorgetragen von Erik Grawsiös eindringlicher Stimme. Es folgt mit „Nattramn“ eine weitere Viking Metal Hymne,  die zwischen Mid- und Uptempo pendelt, bevor Ellinor Videfors beim abschließenden Akustik-Track alles geben darf. Hier wird „Allfader“ Odin inbrünstig gepriesen – wie schon „Raadh“, der Abschluss des Vorgängers, eine absolute Gänsehautnummer. Ist man Käufer des Digis, war es allerdings nicht die letzte Gänsehaut. Denn dem bereits erwähnten „Månljus“ folgt mit „Mother Earth Father Thunder“ noch eine äußerst gelungene Bathory Coverversion (von „Nordland I“) , bei der es einige Gastauftritte zu verzeichnen gibt (Jenny Tebler und Alan Nemtheanga am Gesang, sowie Mitglieder von Ereb Altor im Chor). Quorthon dürfte an Odins Tafel in Walhall äußerst zufrieden sein mit dem Schaffen seiner Erben.

 

Trotz der überraschend hochklassigen Zu-Wort-Meldungen zweier meiner Alltime-Faves – Slayer und Cradle of Filth – lege ich mich fest, dass „Månegarm” für mich das Album des Jahres ist. Sicherlich wird es Stimmen geben, die die Härte vermissen, aber das Gute an der Band ist ja, dass diese beim Nachfolger möglicherweise wieder das Geschehen dominiert. Abwechslung ist halt Trumpf. Der neue Geniestreich der Schweden vereint jedenfalls in unvergleichlicher Weise eingängige Mitgehnummern und gefühlvolle, skandinavische  Folklore. Klarer Kaufbefehl!

 

Alexander Dontscheff - www.sounds2move.de