Lyriel “Skin and Bones“ / VÖ 26.09.2014

 

 

Lyriel, die Gothic-Folk-Metal-Hoffnung aus Gummersbach, gibt es nunmehr auch schon über zehn Jahre. Trotz bester Voraussetzungen und zum Teil großartiger Alben („Autumntales“, „Leverage“) sind sie nie über den Status eines Geheimtipps hinausgekommen. Und ich wage vorauszusagen, dass sich dies auch mit dem nun vorliegenden fünften Werk „Skin and Bones“ nicht ändern wird. Warum das so ist? Ich kann es nur vermuten.

An Sängerin Jessica Thierjung liegt es mit Sicherheit nicht. Die Frontfrau bringt alles mit, was man für den Job benötigt. Eine schöne Stimme mit Wiedererkennungswert, die viele verschiedene Emotionen auszudrücken vermag und gekonnt alle Peinlichkeits-Klippen umschifft. Auch die Songwritingqualitäten des Sextetts sind nicht zu unterschätzen. Hat man in der Vergangenheit schon einige Ohrwürmer geschaffen („Regen“, „White Lilly“), so sind auch auf „Skin and Bones“ wieder sehr eingängige Stücke enthalten, die gut in die Gehörgänge gehen und dort gerne verweilen dürfen. Schon der Opener „Numbers“ ist eine flotte Nummer mit leichtem Folk-Einschlag und gefälligem Chorus. Auch das folgende „Falling Skies“ schlägt in die gleiche Kerbe bevor der Titeltrack sogar noch etwas härter zu Werke geht – natürlich ebenfalls nicht ohne catchy Refrain. „Black and White“ setzt – wie der Name schon sagt – auf Kontraste. Den ruhigen Parts werden auch ein paar Härten entgegengesetzt. Als Gastsänger darf Christian Älvestam (ex-Scar Symmetry) clean Vocals und Shouts beitragen bevor ein schön schmachtiger Chorus alles auflöst. Highlight des Albums ist aber der vorletzte Song „Running in our Blood“ der nicht nur ein recht ordentliches Brett mitbringt, sondern auch einen schönen und weisen Mitsingrefrain („We are better when we drink, we are much better when we don´t think“). Auch der Rest des Albums hat so seine Momente – etwa die deutsch gesungene Ballade „Der Weg“ oder das schon fast als Pop-Rock zu bezeichnende „Dust to Dust“. Doch insgesamt kann das Niveau der bereits besprochenen Songs nicht gehalten werden. Mir persönlich ist auf „Skin and Bones“ insgesamt der Folk-Anteil etwas zu dezent ausgefallen. Außerdem sind vier Balladen auf einem Album mit zwölf Songs vielleicht doch etwas zu viel des Guten.

 

Dass der Grund für den bislang ausgebliebenen Durchbruch von Lyriel ein fehlendes durchgehend perfektes Album sein könnte, mag ich trotzdem nicht glauben. Welche Band serviert schon ständig Alben ohne Lückenfüller? Im Fall der Westdeutschen dürfte es eher so sein, dass man sich stets zwischen die Stühle setzt. Auch die aktuelle Platte bietet zwar mitunter knackigen Metal, doch wirkliche Härte versprüht der Rundling kaum. Aber für einen reinen Romantiker oder Folk-Fan könnte es trotzdem schon wieder zu viel sein. Es wird also wohl darauf hinauslaufen, dass auch „Skin and Bones“ wieder nur den Stamm eingefleischter Lyriel-Fans ansprechen wird. Die dürften aber voll auf ihre Kosten kommen.

 

Alexander Dontscheff - www.sounds2move.de