Long Distance Calling „Long Distance Calling” / VÖ 18.02.2011

 

 

 

Die Instrumental-Virtuosen Long Distance Calling richtig zu packen zu bekommen, ist keine leichte Übung. Post-Rock funktioniert als Anhaltspunkt. Ebenso darf der Begriff Progressive fallen, der schon allein darum gerechtfertigt ist, weil sich LDC nicht nur seit jeher im ständigen Wandel befinden, sondern man auch mit einem gewissen Anspruch konfrontiert wird. Dieser ist auch bitter nötig, wenn man sich auf die Fahne geschrieben hat (fast) komplett auf Gesang zu verzichten.

 

Eben dieser Umstand stellt zugleich die größere Herausforderung für die Musiker dar, denen folglich nichts anderes übrig bleibt als Akzente und Phrasierungen auf anderem Wege zu erschaffen. Das gelingt etwa durch einen massiven Siebziger-Charme („The Figrin D'an Boogie“), der sich durch wabernde Gitarren und hypnotische, sich in Zyklen wiederholende Melodien ausdrückt. Dieser Umstand macht Bands wie Mastodon zu Brüdern im Geiste, mit denen man neben den musikalischen Vorlieben eigentlich trotzdem gar nicht so viel zu tun hat. Wohin also mit „Long Distance Calling“, wenn keine Schublade passend scheint? Ganz banal könnte man von einem „Kopfhöreralbum“ sprechen, was wenigstens einen Aspekt der Musik wie den Nagel auf den Kopf trifft. Damit kommen wir zumindest weiter als mit der Beschreibung „Instrumentalalbum“, denn auch damit liegen wir fast, aber eben nicht komplett richtig. Das liegt daran, dass sich traditionell für einen Song ein Gastsänger bei Long Distance Calling eingemietet hat, wobei der Untermieter dieses Mal auf den Namen John Bush hört. Eine überraschende und zugleich geschmackssichere Wahl, selbst wenn der Armored Saint-Frontmann eigentlich in erster Linie Heavy / Thrash Metal-Sänger ist. Da das Goldkehlchen auch die Herausforderung mit den deutschen Kollegen nicht scheuen muss, hat er trotzdem zugesagt und eine Gesangsvorstellung abgeliefert, die Mike Patton alle Ehre machen würde.

 

„Long Distance Calling“ ist ein Album irgendwo zwischen Post, Progressive, Rock und Metal. Ein Schmelztiegel der Stile wenn man so will, multikulti für die Ohren. Bleibt man diesem Denkansatz treu, sind Long Distance Calling so etwas wie musikalische Weltbürger: Überall zu Hause, ohne sich auf von anderen festgelegte Grenzen einlassen zu müssen.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de / 01.03.2011