Liv Kristine „Libertine“ / VÖ 07.09.2012
Einen
überaus passenden Titel hat sie sich da ausgesucht, die Liv. Ihr
viertes Album heißt nämlich „Libertine“ und passt damit perfekt zum
Schaffen der Sängerin. Während nämlich Gatte und Bandkollegen an ihrer
Rückkehr zum Death Metal mit Atrocity schrauben, geht Liv in eine
völlig andere Richtung und gönnt sich und uns die Freiheit eines
vierten Soloalbums. Dabei
ist die Vielseitigkeit im Hause Krull einmal mehr bemerkenswert, da
auch an „Libertine“ die gleichen Protagonisten mitgewirkt haben, die
noch vor einem Jahr mit Leaves’ Eyes bombastische Folklore und vor zwei
Jahren mit Atrocity Ethno-mäßige Weltmusik präsentiert haben. Während
die Herren nun also die Doublebass wieder durchtreten, frönt die
Sängerin ihrer Liebe zum Pop. Dabei macht die Norwegerin einmal mehr
nicht den Fehler, ihre Rockwurzeln komplett zu kappen zu versuchen,
sondern räumt diesen an den passenden Stellen den nötigen Freiraum ein.
Von daher ist es durchaus nachvollziehbar, dass gerade der Titeltrack
am nachhaltigsten mit einer rockigen Kante überzeugt. Würde man den
Gesang ausblenden, hätte dieses Teil auch wunderbar auf eines der
kommerzielleren Paradise Lost-Alben gepasst. Ebenfalls ziemlich rockig
und noch eine ganze Ecke eingängiger ist die erste Single „Vanilla Skin
Delight“, ein Ohrwurm, dessen Charme man sich einfach nicht entziehen
kann. An der Seite von Liv Kristine überzeugt hier Tobias Regner -
genau, der einstige Gewinner der in harten Rockerkreisen nicht gerade
beliebten Castingshow DSDS. Hört sich skepsisschürend an, funktioniert
aber prächtig und lässt etwaige Zweifel im Handumdrehen verfliegen. Und
weil es so schön ist, schiebt Liv mit „Paris Paris“ direkt den nächsten
Kleinhirnstimulator nach, der passenderweise wechselnd in Englisch und
Französisch dargeboten wird und der guten Laune des Zuhörers durchaus
zuträglich ist. Dabei hätte man zu Beginn von „Libertine“ mit
derartigen Gute-Laune-Tanznummern gar nicht gerechnet, gestaltet sich
dieser mit dem Intro und der ruhigen Pianonummer „Silence“ doch sehr
zurückhaltend, zumindest so lange bis das Stück sich langsam aufbäumt,
dramatisch aufbricht und wenig später wieder sanft in sich
zusammenfällt. Diese Kontraste zwischen flotten Ohrwürmern und ruhigen
Balladen („Love Crime“, „The Man with the Child in his Eyes“) sind es,
die schon die beiden Vorgänger zu absoluten Bereicherungen in der
Plattensammlung aufgeschlossener Rocker gemacht haben. Da verzeiht man
Liv Kristine gerne auch die ein bis zwei grauen Song-Mäuse, die mit
Hits wie „Paris Paris“, „Vanilla Skin Delight“ und „Libertine“ einfach
nicht mithalten können. Markus Rutten
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