Letzte Instanz „Schuldig!“ / VÖ 27.02.2009

 

 

Damit hätte man eigentlich rechnen müssen. Mit „Schuldig!“ hat die Letzte Instanz einmal mehr ein Album abgeliefert, welches man unmöglich schon beim ersten Hören komplett durchschauen und verarbeiten kann. Natürlich hat man wie angekündigt offensive, rockige Songs für dieses Scheibchen zusammengetragen. Aber die Instanz wäre nicht die Instanz, wenn nicht dennoch ein Mindestmaß an (erwünschtem) lyrischem Pathos und musikalischer Verspieltheit Teil dieses Longplayers wäre.

 

So ist „Schuldig!“ in gewisser Weise eine Musik gewordene Spielwiese, die auf ein bisweilen wunderbar druckvolles Rock-Fundament gesät wurde. Auf diesem saftigen und sehr homogen klingenden Grün darf sich dann auch das Kind im Musiker so richtig schön austoben, da nicht nur die Streicher das eine oder andere wundervolle Arrangement parat haben („Flucht ins Glück“), sondern auch in Sachen Lyrik und Textgestaltung mehr Vielfalt als je zuvor geboten wird. So bleibt Frontmann Holly, jüngst noch mit „Weisse Worte“ als Geschichtenerzähler in Erscheinung getreten, nicht beim klassischen, pathetisch angehauchten Gesang, sondern wagt bei „Finsternis“ etwa einen Ausflug in Richtung Schüttelreim. Und auch vor fremden Sprachen macht man mittlerweile nicht mehr Halt, hat man sich doch für den famosen Ohrwurm „Der Garten“ die türkische Poprockerin Aylin Aslim ins Studio geholt, die das Stück gemeinsam mit dem Sänger in deutscher und türkischer Sprache darbietet – das nennt man Austausch der Kulturen. Doch auch mit altbekannten Trademarks überzeugt die Letzte Instanz einmal mehr, so zum Beispiel bei „Komm!“ mit seiner überraschenden musikalischen Wendung und einem „Maskenball“-Gedächtnisgroove. „Die Eine“ erzählt metaphorisch eine Liebesgeschichte, die sich im weiteren Verlauf klammheimlich ins Gegenteil umkehrt. Bemerkenswert ist insgesamt, dass „Schuldig!“ zwar viel Tiefgang aufweist und voll von ergründenswerten Details ist, dabei aber nie die Songs zu kurz kommen und man sich von den 14 Stücken auch einfach nur unterhalten lassen kann. Wer jedoch mehr Zeit investieren möchte, der wird sich gewohnt schwelgerisch in „Schuldig!“ verlieren können. Ich für meinen Teil bin fast ein bisschen froh, dass die „weisse Phase“ der Instanz jetzt erst einmal vorüber ist; solchen dynamischen Stoff wie das hier vorliegende Album hat man von der Band einfach mal wieder gebraucht. Schließlich zeigen grandiose Nummern wie „Traumlos“ eindrucksvoll alle Stärken des Septetts auf. Mehr ist eben doch mehr.


Markus Rutten – www.sounds2move.de / 24.02.2009